Wien ist eine stark wachsende Stadt. Bereits im Jahr 2029 könnten mehr als zwei Millionen Einwohner_innen in Wien leben. Beachtlich ist dabei, dass die Stadt demographisch gesehen jünger und älter zugleich wird. Die Zahl der Menschen unter 30 wird bis 2044 um ca. 88.000 Personen (15%) zunehmen. Am anderen Ende der Altersstruktur werden 2044 zusätzlich 96.000 Personen über 75 Jahre leben (+96%). Bei den Alterskohorten dazwischen gibt es dagegen nur ein geringes Bevölkerungswachstum. Diese Entwicklung stellt Wien vor eine besondere Herausforderung, denn eine immere größe Anzahl an älteren Menschen stehen einer nur gering wachsenden arbeitenden Bevölkerungsschicht gegenüber. Die Probleme, die sich für junge Menschen aus dieser demographischen Entwicklung ergeben, sind durchwegs bekannt: steigende Schulden, ein ineffizientes Gesundheitssystem und nicht finanzierbare Pensionen sind nur ein paar Beispiele für Politik auf Kosten der zukünftigen Generationen.

Obwohl junge Menschen in Wien eine immer größere Bevölkerungsgruppe ausmachen, werden sie kaum gehört oder politisch mitbedacht. Woran kann das liegen? Erstens ist die junge Generation kaum politisch repräsentiert. So ist beispielsweise kein einzige_r Abgeordnete_r des Gemeinderates unter 30. Natürlich könnten auch ältere Generationen Politik für junge Menschen machen, dem steht allerdings zumeist die Wahllogik der etablierten Parteien entgegen. Da politische Parteien Wählerstimmen maximieren möchten und Pensionist_innen vor allem in Wien eine immer wichtigere Wählergruppe darstellen, wird eher Politik für Pensionist_innen als für Junge gemacht. Zweitens ist eine Großzahl der jungen Menschen nicht wahlberechtigt und damit für Parteien tendenziell uninterresant. Verschärft wird dies durch die Tatsache, dass die Wahlbeteiligung der 16-30 Jährigen unter dem Durchschnitt liegt. Darüber hinaus sind junge Menschen politisch mangelhaft organisiert und können deshalb ihren Interessen vor allem auf Landesebene kaum Gehör verschaffen.

Fünf Maßnahmen müssten gesetzt werden, um diesem Trend entgegenzuwirken und Generationengerechtigkeit stärker als Wert in der Politik zu verankern:

1. Einführung eines Generationenchecks: Alle gesetzlichen Initiativen in Wien sollen auf ihre Auswirkungen auf zukünftige Generationen überprüft werden. Dadurch wird aufgezeigt, welche Konsequenzen Gesetzesvorhaben für Kinder und Jugendliche haben. Mit einem Generationencheck wird Bewusstsein geschaffen und Jugendorganisationen können besser die Folgen von neuen Gesetzen abschätzen und gegebenenfalls entgegensteuern.

2. Stärkung von Jugendorganisationen: In Wien gibt es mit dem Landesjugendbeirat leider nur eine sehr schwache Vertretung junger Menschen. Es wäre daher nötig, dass analog zur Bundesjugendvertretung der Landesjugendbeirat als beratendes Gremium für die Landesregierung gesetzlich verankert und politisch gestärkt wird. Die Förderung von Jugendorganisationen muss außerdem gesetzlich geregelt und transparent ausgestaltet werden, um die derzeitig willkürliche Fördervergabe zu beenden.

3. Reform der Parteien: Eine wirkliche politische Veränderung ist nur mit einer Modernisierung der Parteien möglich. Insbesondere die Listenerstellung von ÖVP, SPÖ und FPÖ im Hinterzimmer macht es für junge Menschen schwer an wählbare
Plätze zu kommen. Ich muss mir nur meinen Heimatbezirk Währing ansehen, um das gravierende Generationenproblem der etablierten Parteien zu erkennen: Der Bezirksvorsteher der ÖVP ist schon 25 Jahre im Amt und der Bezirksvorsteher Stellvertreter (SPÖ) mit Geburtsjahr 1957 wird als Vertreter der jungen Generation gepriesen. Bei diesem Selbstverständnis des Machterhalts ist kein Platz für die junge Generation. Aber auch bei den Grünen fühlen sich junge Menschen vermehrt nicht mehr vertreten, wie die Bundessprecherin der Jungen Grünen letztens im Profil äußerte.

4. Politische Partizipation fördern: Durch einheitliche und eigenständige Bezirksjugendparlamente mit Rede- und Antragsrecht könnten junge Menschen schon früh politische Partizipation lernen. In der Schweiz beispielsweise nehmen diese Jugendparlamente eine wichtige Rolle ein. Durch die Schaffung eines Landesjugendparlaments könnten darüber hinaus die Interessen von jungen Menschen auch auf Landesebene gehört werden. Diese Instrumente befähigen junge Menschen zum politischen Engagement.

5. Erhöhung der Wahlbeteiligung bei Jungen: Durch verstärkte politische Bildung an Schulen und einer Kampagne spezifisch für Jungwähler_innen soll die Wahlbeteiligung bei jungen Menschen erhöht werden. Damit haben Parteien einen Anreiz die Interessen der Jungen wieder stärker zu berücksichtigen.

 

Christoph Wiederkehr ist Vorsitzender der JUNOS Studierenden und kandidiert für den Wiener Gemeinderat. Sein Kandidatenprofil mit dem Motto „Wien Generationengerecht gestalten“ findet ihr hier:  www.chriswiederkehr.at