TAG DER JUGEND: HÄLFTE DER JUGENDLICHEN FÜHLT SICH NICHT GENÜGEND AUF DIE ZUKUNFT VORBEREITET
Vorarlberg ist das einzige Bundesland, in dem sich keine einzige Schule an einem Pilotprojekt zur Integration von Wirtschafts- und Finanzbildung an Schulen beteiligt. NEOS richten deswegen eine Anfrage an Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink. Die Nicht-Teilnahme sei fatal, so NEOS. Junge Menschen zwischen 15 und 28 Jahren schnitten im Austrian Survey of Financial Literacy von 2019 am niedrigsten ab. Der „YEP Jugendbericht“ bestätigt das: Knapp die Hälfte der Jugendlichen fühlt sich nicht genügend auf die Zukunft vorbereitet. Die meisten wünschen sich bessere Finanz- und Wirtschaftsbildung an Schulen. Um auf die Anliegen der jungen Generation aufmerksam zu machen, touren die Liberalen die kommenden Wochen durch alle Bezirke. Offizieller Start der JUNOS-Sommerkampagne, die den Titel „Zukunft. Keine halben Sachen“ trägt, ist der Tag der Jugend.
„Die Anforderungen an die Schule sind heute andere als noch vor 50 Jahren – zu viel hat sich in den vergangenen 50 Jahren geändert. Die Digitalisierung, das Wirtschaftsleben, das Finanzwesen. Wenn wir nicht wollen, dass Jugendliche auf der Strecke bleiben, müssen wir die Lehrpläne, den Fächerkanon und die starre „50 Minuten-Einheit“-Logik hinterfragen“, so JUNOS Vorarlberg Vorsitzende Fabienne Lackner. Außerdem sollen zehn Prozent der Jahresunterrichtszeit von den Schulen frei planbar sein und für klassen- und fächerübergreifende Projekte sowie zum Austausch mit der Arbeitswelt genutzt werden, so die Junos-Vorsitzende. „Als Personalberaterin kann ich nachvollziehen, dass sich Jugendliche nicht ausreichend auf das Berufsleben und die Zukunft vorbereitet fühlen. Die Prioritätensetzung bei den vermittelten Themen stimmt nicht mehr. Komplexe Materien wie Wirtschaft und Finanzen müssen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden“, so Lackner. Junge Menschen wünschen sich im Unterricht zum Thema Wirtschaft vor allem Themen, die mit ihrer Lebensrealität zu tun haben und das Erlernen von Fähigkeiten, die sie auf ein selbstständiges Leben vorbereiten, wie der YEP Jugendbericht zeigt. „Schon im Lehramtstudium müssen angehende Lehrerinnen und Lehrer für Finanzbildung geschult werden. Später im Beruf sollten sie mehr Freiraum haben Projekte auszuprobieren, die die Jugendlichen in ihren Lebensrealitäten abholen. Das momentane System ermöglicht aber zu wenig Flexibilität – das geht auf Kosten der Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer“, so Lackner und ergänzt: „Wenn ein Großteil der Jugendlichen der Meinung ist, nach der Schule nicht über grundlegende Kenntnisse des Alltags zu verfügen, ist das ein Alarmsignal, das wir ernst nehmen sollten.“ NEOS und Junos fordern deshalb, dass Lehrkräfte mehr Möglichkeiten zu Selbstbestimmung haben.
Jugendliche wünschen sich mehr „Life Skills“
47 Prozent der Jugendlichen geben an, sich von der Schule nicht ausreichend auf die Zukunft vorbereitet zu fühlen, so das Ergebnis des „YEP Jugendbericht“ 2022 (Youth Empowerment Participation)[1]. Die Jugendlichen geben an, dass besonders die gesamtgesellschaftliche Unsicherheit, eine unsichere berufliche Zukunft, fehlendes Wissen im Wirtschafts- und Finanzbereich und die Angst vor dem selbstständigen Leben (nicht auf alltägliche Dinge vorbereitet zu sein, bürokratische Prozesse) belastend für sie sind. Vor allem der Wunsch in der Schule mehr „Life Skills“ vermittelt zu bekommen ist stark ausgeprägt. Die Mehrheit der Jugendlichen wünscht sich vor allem eine stärkere Verankerung von Wirtschafts- und Finanzbildung in der Schule. Das ist kein Wunder, denn 83 Prozent[2] der Erwachsenen geben an, sich in Geldfragen nicht sattelfest zu fühlen. „Es wäre besser früher als später mit der Finanzbildung an Schulen zu beginnen. Kenntnisse über den Umgang mit Geld, das Abschließen eines Vertrages oder die Funktionsweise von Steuern würden Jugendlichen helfen, nach der Schule selbstbestimmte und informierte Entscheidungen zu treffen“, so NEOS Jugendsprecher Johannes Gasser.
Vorarlberg beteiligt sich nicht an Pilotprojekt – als einziges Bundesland
Den Grund für das Bedürfnis nach mehr Finanzbildung sieht Johannes Gasser u.a. am österreichischen Lehrplan. Finanzbildung spielt eine untergeordnete Rolle in österreichischen Schulen. Angesichts der Tatsache, dass immer mehr junge Menschen immer höhere Schulden haben, ist das alarmierend und gehört dringend geändert. Positiv sieht Gasser, dass es eine neue nationale Finanzbildungsstrategie gibt, die ab 2023 in den Lehrplänen verankert werden soll. In einem Antrag forderten NEOS von der Landesregierung viele der im Projekt vorgesehenen Punkte auch im Land aufzugreifen. Das wurde von ÖVP und Grünen abgelehnt. Die Begründung: Man brauche in Vorarlberg keine eigenen Initiativen umzusetzen, denn man warte auf den Bund. Vorarlberg ist nun aber das einzige Bundesland, in dem sich keine einzige Schule am Pilotprojekt Finanzbildung beteiligt. Der Grund dafür ist unklar – er richtet aus diesem Grund eine Anfrage an Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink. „Dass sich keine Schule in Vorarlberg beteiligt, ist eine Enttäuschung. Wir wollen nun herausfinden, woran das liegt. Wussten die Schulen nichts von der Initiative? Gab es ein Bemühen seitens der Bildungsdirektion oder der Landesrätin, Schulen für das Projekt zu gewinnen?“ will Gasser von der Landesrätin wissen. „Das ist ein sinnvolles Projekt. Es braucht dringend moderne Wege hin zu mehr Entscheidungskompetenz, Selbstbestimmung und Chancengerechtigkeit für junge Menschen. Bessere Wirtschafts- und Finanzbildung ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, so Gasser und ergänzt: „Wirtschaftliche Mündigkeit ist heute unabdingbar, um kritischer Teil der Gesellschaft zu sein, erfolgreich am Arbeitsmarkt teilnehmen zu können oder um persönliche finanzielle Entscheidungen zu treffen. Umfassende Information in diesem Bereich ist eine gute Absicherung gegen Verschuldung und Altersarmut.“