Die aktuellen Entwicklungen in Österreich und Europa gleichen einer politischen Bankrotterklärung.

Die Geschehnisse der letzten Tage und Wochen rund um das Thema Asyl und Flüchtlingspolitik in Österreich und Europa machen mir Sorgen und bereiten mir  Angst. Wir befinden uns auf einer Weggabelung und sind leider rechts abgebogen. Wir brauchen in Europa und Österreich nicht mehr von Solidarität reden. Wenn die aktuelle Politik fortgeführt wird, haben wir dazu nämlich jegliche Berechtigung verloren. Nie wieder lasse ich mir von einer, sich selbst als moralische Instanz sehende, Partei wie der Österreichischen Volkspartei Wertelosigkeit vorwerfen. Wo sind ihre Werte? Wo ist ihr Bekenntnis zur christlichen Nächstenliebe? Als christlich-soziale Partei einen rechten Kurs einzuschlagen bedeutet sich selbst abzuschaffen und die Partei nur noch als Selbstzweck zu sehen.

 

Der steirische Landeshauptmann Schützenhöfer hat letzte Woche mitteilen lassen: „Wir müssen schauen, wie ist das Verhältnis der bedarfsorientierten Mindestsicherung gegenüber dem Einkommen der Hakler, die ordentlich arbeiten. Wir müssen uns zweitens überlegen, wie gehen wir mit jenen Asylanten um, die möglicherweise das Sozialsystem ausnützen. Aber wir müssen auch klar sagen: Menschen, die etwa aus Syrien zu uns kommen, weil sie als Christen von den Dschihadisten bis aufs Blut verfolgt werden – denen müssen wir eine Zeit lang überbrückende Hilfe geben können.“ Abgesehen davon, dass er nicht verstanden hat, dass es nicht Asylanten heißt, bedeutet es, dass Hilfe also nur Christen angeboten wird. Und auch nur überbrückend. Wir wollen es ja nicht übertreiben.

 

Der oberösterreichische Landeshauptmann Pühringer hingegen fordert gleich schärfere Grenzkontrollen. Seit über 20 Jahren ist er Landeshauptmann und präsentiert sich gerne als Staatsmann. Gerade jetzt würde es aber diesen Staatsmann brauchen, der der Bevölkerung die Angst vor dem Fremden nimmt. Gerade in diesen Zeiten braucht es ein klares Nein zur Hetze und Angstmacherei der FPÖ. Stattdessen hat er die Hosen voll, da im September Landtagswahlen in Oberösterreich sind und er befürchtet einige Wähler an die FPÖ zu verlieren. Dass dies sowieso der Fall sein wird, ist nur eine Randnotiz. Niemand wählt die Kopie, wenn er auch das Original haben kann. Die FPÖ braucht aber gar nicht in Regierungsverantwortung kommen, die ÖVP setzt ihre Linie auch so um.

Und die Sozialdemokratie sitzt angeschlagen daneben und beobachtet das Treiben. Auch von ihnen ist in diesen Tagen nichts zu hören. Sie sehen zu, wie die österreichische Gesellschaft gespalten wird und verlieren jegliche politische Daseinsberechtigung. Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hat zu der Flüchtlingsproblematik in Deutschland gesagt: „Vor 70 Jahren hat ein armes und zerstörtes Deutschland Millionen Flüchtlinge zu integrieren vermocht. Warum sollte ein wirtschaftlich erfolgreiches und politisch stabiles Deutschland nicht fähig sein, in gegenwärtigen Herausforderungen die Chancen von morgen zu erkennen?“

Damit hat er Recht und er hat damit Größe bewiesen. In Österreich fehlt es leider am politischen Leadership. Vor allem von unserem Bundespräsidenten hätte ich mir die Tage eine starke Message erhofft. Dass diese nicht kam, war aber leider abzusehen.

 

In ganz Österreich werden aktuell tausende Asylwerber im Schnellverfahren abgeschoben. Teils soll es dabei auch rechtswidrige Abschiebungen geben, wie dies im Falle Laila geprüft wird. Dank der Zivilcourage vieler Menschen und einer Pilotin, die meine Heldin der Woche ist, konnte diese Abschiebung bislang verhindert werden. Dies ändert jedoch nichts an der Problematik der derzeitigen Asylpolitik. Es kann nicht sein, dass in einem der reichsten Länder dieser Erde, Asylwerber in Zelten hausen müssen. Das ist eine Frechheit! Wenn aber privates Engagement diese aufzunehmen, wie von Sepp Schellhorn, bereits auf Widerstand stößt, zeigt es wie weit wir gekommen sind. Die Angst vor dem Fremden ist allgegenwärtig.

Und nein ich bin nicht naiv. Natürlich gibt es Probleme mit Migration und Zuwanderung. Diese Probleme mit Themen wie Arbeitsmarkt oder Asylpolitik zu vermischen, ist aber schlichtweg falsch. Hier sollte nicht alles in einen Topf geworfen werden, sondern von den politischen Entscheidungsträgern sachliche Lösungsvorschläge präsentiert werden. Wir können diese Probleme lösen. All die Menschen, die nach Österreich gekommen sind und hier leben, arbeiten und ein wichtiger Teil unserer Gesellschaft sind, beweisen dies.

 

Währenddessen in Europa. In Dänemark gewinnen die Rechten massiv an Wählerstimmen dazu. Im Europaparlament hat sich eine neue Rechtsfraktion gebildet und in Ungarn wird ein 4m hoher, 175 km langer Stahlzaun an der Grenze zu Serbien errichtet. Ich habe Angst um das Europa in dem ich aufgewachsen bin. Ein friedliches Europa, das oft genug bewiesen hat, dass es gemeinsam an einem Strang zieht. Ein Europa, in dem aus verfeindeten Ländern die besten Partner wurden. Und die nach Kriegsende das größte politische Projekt unserer Geschichte initiiert haben. Ein Europa mit einer Währung, ein Europa ohne Grenzen. Ein Europa von Erasmus, Sprachreisen und Kultur. Verbunden durch den Gedanken Europäer zu sein. Die Kurzsichtigkeit vieler handelnder Akteure in Österreich und Europa bereitet aktuell den Nährboden für ein anderes Europa. Ein Europa in dem ich nicht leben will. Eines voll Hass, Neid und Missgunst. Wir lassen die Länder mit ihren Problemen allein nur um uns, und unseren Wohlstand, gegenüber den bösen Anderen zu verteidigen. Europa ist die führende politische Kraft dieser Welt, wenn es geschlossen agiert und kann gerade in diesen Zeiten Vorbild und Leader sein. Jeder von uns kann dazu einen Beitrag leisten!

 

Den schönsten Satz zur Flüchtlingsproblematik hat der österreichische Kabarettist Thomas Stipsits gesungen:

„Glaubst du ned, dass er daunkbor ist, dass er a zweits moi leben kau;

dass er sehen kau wie die Sun aufgeht, so weit weg von seim Daham.“

Damit ist glaub ich alles gesagt.