Sozialhilfe darf kein Lifestyle sein

Die Sozialhilfe, in Wien auch Mindestsicherung genannt, ist als letztes soziales Fangnetz für die Verhinderung von Armut von größter Bedeutung. Für diese Art der Unterstützung, welche des Weiteren die Teilhabe an der Gesellschaft und einen Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit ermöglichen soll, sprechen wir uns entschieden aus.

Dennoch sprechen wir uns ebenso entschieden für eine Begrenzung der Sozialhilfe auf die Existenzsicherung aus. Ziele, wie etwa die Ermöglichung der Chancengleichheit für Kinder über die Sozialhilfe, oder eine Höhe der Beträge für Erwachsene, welche über die Existenzsicherung hinausgehen, lehnen wir in diesem Kontext ab. Auch sehen wir die Mindestsicherung als temporäres Fangnetz – es muss zu jedem Zeitpunkt ein Anreiz für die Aufnahme der Erwerbstätigkeit bestehen. Dazu sollen verpflichtende Beratungs- und Qualifizierungsangebote zur Verfügung stehen, um den Übergang in den Arbeitsmarkt tatsächlich zu ermöglichen.

Arbeiten zu gehen soll sich für jede:n im Vergleich zum Bezug der Sozialhilfe lohnen. 

Weiters sehen wir ein grobes Ungleichgewicht in der Verteilung von Sozialhilfebezieher:innen in Österreich, das zumindest teilweise auf die im nationalen Vergleich sehr großzügigen Beträge in Wien zurückzuführen ist. In Wien wohnen 22% der in Österreich lebenden Bevölkerung[1] und 72,1% der Sozialhilfe beziehenden Bevölkerung. Die Ausgaben der Stadt Wien für die Mindestsicherung betragen mehr als das Doppelte aller anderen Bundesländer zusammen.[2]

Während wir grundsätzlich eine einheitliche Regelung auf Bundesebene bevorzugen, sehen wir bis dahin das Handeln auf Landesebene in Wien als beste Möglichkeit, bestehende Missstände auszubessern. Natürlich kann und soll diese für Wien vorgeschlagene Regelung auch den Diskussionen für eine einheitliche Regelung auf Bundesebene als mögliches Modell dienen. Langfristig sollen die Sozialleistungen aller Gebietskörperschaften ohnehin in einer gemeinsamen, bundesweiten Leistung in Form des Liberalen Bürgergelds gebündelt werden.[3]

Ein neues System zur Bestimmung der Betragshöhe

Um eine Sozialhilfe zur Existenzsicherung einzuführen, bedarf es zuallererst einer Bestimmung der notwendigen Ausgaben, welche die Sozialhilfe decken sollte. Dabei sollten die Lebenshaltungskosten empirisch ermittelt werden, in die verschiedenen Kategorien aufgeteilt und am Ende zu einer Gesamtsumme in einem Referenzbudget konsolidiert werden, welches die Höhe der Sozialhilfe bestimmt.[3] Die Berechnung des Referenzbudgets muss dabei transparent und bis ins kleinste Detail nachvollziehbar sein, um jederzeit eine Diskussion zu verschiedenen Kostenpunkten zu ermöglichen und damit einen gesamtgesellschaftlichen Konsens finden zu können. Andere Herangehensweisen, wie etwa die Ermittlung der Armutsgefährdungsgrenze als Prozentsatz des Median-Nettoeinkommens[4] oder anderer statistischer Kennzahlen, lehnen wir in diesem Kontext entschieden ab.

Geldleistungen teilweise durch Sachleistungen ersetzen

Anhand der evidenzbasierten und detaillierten Kostenaufstellung ist es jederzeit möglich, einzelne Kostenpunkte durch Sachleistungen zu ersetzen und die Höhe der als Geldleistung ausgezahlten Sozialhilfe dementsprechend zu reduzieren.[5] Da dies die Treffsicherheit der Sozialhilfe erhöhen, und eine missbräuchliche Verwendung verhindern kann, erachten wir es in gewissen Bereichen wie etwa der Unterstützung von Kindern als sehr sinnvoll. Solch ein Vorgehen sollte jedoch nicht in die ungerechtfertigte Bevormundung der Bezieher:innen, etwa durch die direkte Ausgabe von Essen oder Kleidung, münden. 

Mietbeihilfe mit Wohnbeihilfe harmonisieren

Als einer der wichtigsten Kostenpunkte im Referenzbudget ist auf die Unterstützung bei den Wohnausgaben besonderes Augenmerk zu legen. Dabei gibt es derzeit eine Mietbeihilfe, welche sozialhilfebeziehende Personen, und besonders jene mit Kindern zusätzlich unterstützen, und die Wohnbeihilfe, welche Menschen mit geringem Einkommen unterstützt. Diese Herangehensweise, die Wohnkosten im Rahmen des Referenzbudgets zu decken und gemäß der Anzahl an Kindern zusätzlich mit der Mietbeihilfe zu unterstützen, befürworten wir. Dabei ist jedoch eine Harmonisierung zwischen Mietbeihilfe und Wohnbeihilfe anzustreben, damit durch den Übergang von Sozialhilfe zu Erwerbstätigkeit keine Nachteile entstehen können, und stets ein signifikanter finanzieller Mehrwert aus der Erwerbstätigkeit entsteht. Auch sollten Erwerbstätige in der Auswahl einer Gemeindebau- oder geförderten Wohnung Vorrang erhalten, damit diese die attraktivsten Wohnungen beziehen können. 

Gemeinnützige Arbeit als Grundlage für Bezug der Mindestsicherung

Für grundsätzlich arbeitsfähige Menschen, welche von der Allgemeinheit mit der Sozialhilfe ihre Existenz gesichert bekommen, fordern wir eine Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit im Ausmaß von 8 Stunden pro Woche. Durch diese Verpflichtung halten wir neben einer Gegenleistung für die Unterstützung durch die Allgemeinheit eine bessere Reintegration in die Gesellschaft für möglich. Auch gewährleistet dies eine leichte Überprüfbarkeit der Verpflichtung, sich bei Bezug der Sozialhilfe in Österreich aufhalten zu müssen. Bei Missachtung der Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit ohne triftige Gründe ist die Sozialhilfe bis zur Wiederaufnahme zu pausieren.

Schwarzarbeit neben Sozialhilfebezug bestrafen

Sollte neben dem Bezug der Sozialhilfe eine illegale Beschäftigung festgestellt werden, so ist die Sozialhilfe für den darauffolgenden Monat nicht auszubezahlen. Bei wiederholten Vergehen sind längerfristige Streichungen der Sozialhilfe anzuwenden. Kontrollen zur rechtmäßigen Anmeldung aller Beschäftigten sind hierfür zu intensivieren.

Sozialhilfe für Kinder

Kein Kind darf in Armut leben. Dazu bekennen wir uns als JUNOS und fordern genau wie für Erwachsene die empirische, detaillierte und vollständig nachvollziehbare Erstellung von Referenzbudgets für Kinder. Dies sollte ebenso eine Diskussion zur genauen Höhe der Beträge und damit einen gesamtgesellschaftlichen Konsens bezüglich der Unterstützung von Kindern von Sozialhilfe empfangenden Eltern ermöglichen.

Die Kosten von Kindern variieren je nach Alter und Anzahl der Kinder. Daher befürworten wir die Erstellung von Referenzbudgets für verschiedene Altersgruppen. Auch sehen wir je weiterem Kind geringere Kosten für die Eltern, bspw. da Kleidung weitergegeben werden kann, weshalb wir uns für degressive Beträge gemäß der Anzahl der Kinder aussprechen.

Eltern mit Anspruch auf Sozialhilfe erhalten ebenso wie alle Eltern die Familienbeihilfe. Diese ist bei der Erstellung des Referenzbudgets für Kinder zu berücksichtigen, um eine doppelte Förderung zu vermeiden.

Treffsicherheit durch Sachleistungen erhöhen

Da Eltern in der Verwendung der Mittel, welche für ihre Kinder zur Verfügung gestellt werden, frei sind, ist hier die Treffsicherheit nicht unbedingt gegeben. Damit die Mittel auch tatsächlich bei Kindern landen, sollte das Referenzbudget so weit wie möglich als Sachleistung ausgezahlt werden. Dabei sehen wir Mahlzeiten in der Schule, Zeitkarten für den ÖPNV und die direkte Übernahme von Sportvereinsbeiträgen als geeignete Möglichkeiten, die Treffsicherheit der Sozialhilfe für Kinder zu erhöhen, damit diese auch tatsächlich davon profitieren. 

[1] Statistik Austria | Bevölkerung gemäß Finanzausgleichsgesetz

[2] Statistik Austria | Mindestsicherung und Sozialhilfe

[3] Weg mit Mindestsicherung & Pflichtversicherungen – her mit dem Liberalen Bürgergeld!, beschlossen durch den XIV. Bundeskongress in Linz

[4] Volkshilfe Österreich | Arbeit & Kinderarmut

[5] Mut zur Freiheit: Unsere Vision für ein besseres Österreich, beschlossen durch den XXVIII. Bundeskongress in Linz