Sicherheit ist Freiheit: Junge Menschen schützen, Chancen schaffen

Wien gilt immer noch als eine der sichersten Städte Europas. In den letzten Jahren ist jedoch eine zunehmende Verschlechterung der Sicherheitssituation zu verzeichnen – vor allem im Bereich der Jugendkriminalität. Nicht nur das objektive, auch das subjektive Sicherheitsgefühl ging merklich zurück. Besonders in bestimmten Stadtteilen, zu bestimmten Tageszeiten oder in öffentlichen Verkehrsmitteln berichten junge Menschen vermehrt von einem erhöhten Unsicherheitsgefühl. Dies kann weitreichende Folgen haben – von eingeschränkter Mobilität bis hin zu einer verminderten Lebensqualität. Die angespannte Sicherheitslage rund um vereitelte Terroranschläge hat auch entscheidend dazu beigetragen, dass Wien 2025 seinen Titel als lebenswerteste Stadt verloren hat. Es besteht klar Handlungsbedarf. Neben konkreten sicherheitspolitischen Verbesserungen braucht es auch Maßnahmen zur Stärkung des Sicherheitsgefühls junger Menschen.

Jugendkriminalität

Die Jugendkriminalität ist aktuell eines der am häufigsten diskutierten Themen in der österreichischen Politik. Nicht zu Unrecht, denn gerade in Wien ist diese zuletzt erheblich angestiegen. Während 2010 noch 8.360 Tatverdächtige unter 18 Jahren registriert wurden, waren es im Jahr 2024 bereits 14.804 (2023: 11.118). Dramatisch ist der Anstieg bei den zehn- bis 14-jährigen Tatverdächtigen. Begingen 2010 noch 1.419 Jugendliche in dieser Altersgruppe eine Straftat waren es 2024 mit 5.066 Personen mehr als dreimal so viele. Eines der größten Probleme ist, dass immer mehr Minderjährige straffällig werden, vor allem durch Gewalttaten wie Raub oder im Zusammenhang mit Drogen. Laut Auskunft der MA 11 geht es hierbei nicht um einen großen Personenkreis oder unzählige Banden, die die ganze Stadt in Geiselhaft halten, sondern um einen verhältnismäßig kleinen Kreis von ca. 120 Intensivtätern, 30 davon unter 14 Jahre alt, die regelmäßig straffällig werden. Manche dieser Intensivtäter begehen über 150 Straftaten pro Monat. Sie sind für mehr als 30 Prozent der Geschäfts- und Pkw-Einbrüche in Wien durch Jugendliche verantwortlich.[1]

Eine weitere Problematik sind die Auswüchse des Drogenhandels, dies beinhaltet die Anstiftung von nicht deliktfähigen Personen zu Straftaten und die Ausnutzung und Gewalttätigkeit gegenüber minderjährigen Suchterkrankten. Genauer gesagt stellen uns die Beschaffungsprostitution, anschließende Vergewaltigungen und die darauffolgende prekäre Situation der Opfer vor ein gesamtgesellschaftliches Problem. Dieser Entwicklung muss mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden. Auch die Opfer sind größtenteils junge Menschen, die es zu schützen gilt.

  • Aufrechterhaltung bzw. Erhöhung der Finanzierung der MA11: Wir halten es für alternativlos, die Finanzierung der Kinder- und Jugendhilfe in derzeitiger Höhe oder darüber hinaus aufrechtzuerhalten bzw. zu erhöhen, um deren Arbeit und Erfolge zu gewährleisten. Die zusätzlichen Mittel sollen der Aufstockung von Streetworker:innen und Orientierungshelfer:innen, dem Ausbau von Jugendzentren und effektiven Drogenworkshops zugutekommen.
  • Aufstockung der Wiener Jugendzentren und präventiver Online-Präsenzen: Wir sehen die Rolle von Jugendzentren in der Prävention von Jugendkriminalität als essenziell. Hier können Kinder und Jugendliche ihre Freizeit sinnstiftend verbringen und zur Gestaltung ihrer Zukunft animiert werden. Aus diesem Grund fordern wir eine Aufstockung von Jugendzentren. Jugendzentren sollen verstärkt auch digitale Anlaufstellen bieten. Durch Social-Media-Präsenzen, Online-Chats mit Streetworker:innen und digitale Veranstaltungsformate. Digitale Lebenswelten junger Menschen müssen in der städtischen Jugendstrategie abgebildet werden, um wirklich niedrigschwellig zu wirken.
  • Getrennte Unterbringung von Jugendlichen in Heimen nach Deliktsfähigkeit: Um die Anstiftung von deliktunfähigen (unmündigen) Jugendlichen zu vermeiden, schlagen wir eine häusliche Trennung bei der Unterbringung in betreuten Wohngemeinschaften von deliktfähigen und deliktunfähigen Personen vor.
  • Einführung von faktenbasierten Drogenworkshops an allen Wiener Schulen: Implementierung eines Workshops, der auf die Aufklärung über Drogenkonsum aus einer realistischen Perspektive abzielt, sowie Risiken und Konsequenzen objektiv darstellt. In diesem Kontext sollte auch über Beschaffungsprostitution im Zusammenhang mit Drogenhandel aufgeklärt werden.

Sicherheit von Frauen

Trotz ihres Rufs als sichere Stadt gibt es in Wien erhebliche Sicherheitsprobleme für junge Frauen. Belästigung und Gewalt sind für Frauen alltägliche Gefahren, besonders in öffentlichen Verkehrsknotenpunkten, schwach beleuchteten und schlecht frequentierten Straßen und Parks. In der Klubszene kommt es immer wieder zu Vorfällen, bei denen Frauen K.-O.-Tropfen oder andere Substanzen ins Getränk gemischt werden, wodurch sie wehrlos werden und Übergriffen schutzlos ausgeliefert sind.

Besonders besorgniserregend ist der Anstieg an Gewalt gegen Frauen in den letzten Jahren. Laut einer Erhebung der STATISTIK AUSTRIA aus dem Jahr 2021 hat rund ein Drittel der Frauen in Österreich im Laufe ihres Lebens körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren.[2] Diese Entwicklung macht deutlich, dass bestehende Maßnahmen nicht ausreichen, um junge Frauen effektiv zu schützen. Dabei stehen insbesondere die Entwicklung gezielter Präventionsstrategien, die Verbesserung von Sicherheitsmaßnahmen und eine vertiefte Aufklärungsarbeit im Vordergrund.

Diese Problemlage zeigt klar: Es braucht zentrale Schritte und flächendeckende Maßnahmen, um Wien für junge Frauen sicherer zu machen. Sowohl präventive als auch reaktive Maßnahmen sind notwendig, um Gewalt, Belästigung und strukturelle Gefahren wirksam zu bekämpfen. Zudem ist eine umfassende Sensibilisierung der Gesellschaft erforderlich, um das Bewusstsein für diese Themen zu schärfen. Nur durch eine breite gesellschaftliche Auseinandersetzung können tief verwurzelte Einstellungen und Verhaltensweisen, die Gewalt und Diskriminierung begünstigen, nachhaltig verändert werden. Durch die folgenden Forderungen möchten wir sicherstellen, dass Frauen in Wien nicht nur ein stärkeres Gefühl der Sicherheit entwickeln, sondern diese auch in der Realität erfahren.

  • Erweiterung von Frauenhäusern für junge Frauen: Derzeit gibt es in Wien nur ein einziges Frauenhaus für junge Frauen im Alter von 16 bis 25 Jahren.[3] Wir fordern einen Ausbau dieser spezialisierten Frauenhäuser für junge Frauen, um sichere Zufluchtsorte zu bieten.
  • Erhöhung der Anzahl an Streetworkern & Sicherheitskräfte an öffentlichen Verkehrsknotenpunkten: Wir fordern eine Aufstockung von Streetworker:innen, um verstärkt direkt in den Straßen und Stadtteilen präsent zu sein und Hilfestellung zu bieten. Zudem fordern wir eine stärkere Präsenz uniformierter Sicherheitskräfte und eine höhere Anzahl an Polizist:innen an wichtigen Verkehrsknotenpunkten, um das subjektive Sicherheitsgefühl junger Frauen zu stärken.
  • Verpflichtende Awareness-Konzepte in Clubs und bei öffentlichen Veranstaltungen: Clubs und Veranstaltungsorte ab 200 Gästen sollen verpflichtet werden, ein Awareness-Konzept umzusetzen. Dieses umfasst geschultes Personal, klar erkennbare Anlaufstellen im Lokal sowie interne Handlungsprotokolle für Übergriffsituationen.
  • Einbezug von betroffenen Gruppen bei Neugestaltung von öffentlichem Raum: Wir fordern mehr Rücksichtnahme auf betroffene Gruppen bei der Neugestaltung von öffentlichem Raum. Dies betrifft beispielsweise die Verbesserung der Beleuchtung in Bereichen, die häufig als unsicher wahrgenommen werden, um die subjektive Sicherheit vor Ort zu erhöhen. Wir erachten den Einbezug von Anrainer:innen hierbei als essenziell.

Sicherheit im Netz

Das Internet ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken, birgt jedoch erhebliche Gefahren – insbesondere für Jugendliche. Junge Menschen vernetzen sich über Social Media und begehen in weiterer Folge gemeinsam Gewaltstraftaten. Sei es durch Gruppenzwang oder den gezielten Einfluss krimineller Banden, die unmündige Jugendliche für ihre Zwecke instrumentalisieren. Auch die Radikalisierung im digitalen Raum stellt eine ernstzunehmende Bedrohung dar. Politische und religiöse Extremisten nutzen soziale Netzwerke gezielt, um Jugendliche zu manipulieren und für ihre Ideologien zu gewinnen. Hier gilt es, Extremismus an der Wurzel zu packen, bevor er sich weiter ausbreitet. Dabei ist uns jedoch wichtig, dass Sicherheit im Netz nicht mit flächendeckender Überwachung einhergeht. Schließlich sollten digitale Tools nicht zur massenhaften Kontrolle genutzt werden.

  • Gezielte Maßnahmen statt Massenüberwachung: Die Videoüberwachung im öffentlichen Raum hat in Städten wie London ungeahnte Ausmaße erreicht, die Sicherheit vielerorts aber nur wenig erhöht.[4] Zugleich öffnet ungebremste Videoüberwachung Tür und Tor für staatlichen Missbrauch. Wir fordern, dass dort, wo es die Kompetenzverteilung zulässt, die Stadt Wien auf Präventionsmaßnahmen anstelle von Massenüberwachung setzt.
  • Einführung einer digitalen Meldestelle: Es gibt bereits Vereine, die öffentliche Social-Media-Profile gezielt beobachten und auf Jugendliche zugehen, die sich in Richtung Radikalisierung bewegen oder in extremistische Netzwerke geraten. Um diese Bemühungen zu unterstützen und zu verstärken, fordern wir die Einrichtung einer digitalen Meldestelle, bei der Bürger:innen anonym verdächtige Inhalte oder Fälle melden können. Diese Meldungen sollen gezielt an geschulte Fachkräfte weitergeleitet werden, die sowohl Beratungsangebote für betroffene Jugendliche als auch Maßnahmen gegen die Verbreitung extremistischer Inhalte koordinieren. Durch enge Zusammenarbeit zwischen dieser Meldestelle und bestehenden Vereinen kann Radikalisierung frühzeitig erkannt und effektiver bekämpft werden – ohne dabei eine flächendeckende Überwachung der Bevölkerung zu riskieren.
  • Förderung der Online-Jugendarbeit: Wir fordern eine Intensivierung der Präsenz und der Aktivitäten, beispielsweise von der MA11 (Amt für Kinder- und Jugendhilfe) auf digitalen Plattformen, insbesondere TikTok und Instagram, um die Jugend gezielt anzusprechen, wo sie aktiv ist.

[1] wien.ORF.at | 14.04.2025 | Mehr Anzeigen in Wien

[2] UN Women Austria | 23.02.2025 | Round Table „Gewalt gegen Frauen in Österreich: Jede dritte Frau“

[3] wien.ORF.at | 01.03.2023 | Eigenes Frauenhaus für junge Frauen

[4] Tagesspiegel Online | 26.08.2009 | Video-Überwachung: London: Big Brother schaut weg