Immer mehr junge Menschen halten sich im öffentlichen Raum auf, sei es, um ein Bier am Donaukanal zu trinken, Freund:innen in einem Park zu treffen oder einfach, um draußen zu entspannen. Das wurde vor allem in der Pandemie sehr deutlich – denn es sind auch vor allem die Jungen, die zu Hause zu wenig Platz haben. Bei der Gestaltung des öffentlichen Raumes hat die Jugend aber keine Stimme, manchmal scheinen Maßnahmen bzw. Unterlassungen sogar gerade dazu zu dienen, dass sich junge Menschen weniger im öffentlichen Raum aufhalten.
Die Clubkultur wurde wie keine andere Sparte im Pandemiemanagement vernachlässigt. Die Clubs sind die ersten, die zumachen mussten und werden die letzten sein, die wieder aufmachen dürfen. Das ist bis zu einem gewissen Grad verständlich – aber man darf nicht vergessen, dass die Clubkultur eine besondere Szene in Wien darstellt. Es geht nicht nur um das Feiern, es bietet auch einen Raum für marginalisierte Gruppen, sich auszuleben.
Damit Wien auch für die Jugend noch lebenswerter wird, fordern wir, JUNOS Wien, dass junge Menschen einen Platz am Verhandlungstisch haben, wenn es um die Gestaltung des Öffentlichen Raumes oder um die Clubkultur geht. Die folgenden Maßnahmen dienen als Grundkonzept, mit dem wir in weitere Gespräche mit anderen Akteur:innen gehen wollen.
Öffentlicher Raum
Mei Bierverkäufer is ned deppat!
Wenn man an einen Abend am Donaukanal denkt, kann man die Bierverkäufer:innen gar nicht mehr wegdenken. Leider ist ihre Tätigkeit noch immer verboten, weil sie nicht über die erforderliche Gewerbegenehmigung verfügen. Der Verkauf von alkoholischen Getränken durch die Bierverkäufer:innen am Rad schadet weder den jungen Menschen, die sich dort aufhalten und kaltes Bier kaufen wollen, noch den Gastronomiebetreiber:innen – die Zielgruppen überschneiden sich nicht. Dass ihre Tätigkeit demnach noch nicht legalisiert wurde, lässt auf folgende Rückfolgerung schließen: Die zuständigen Behörden wollen es nicht. Wir fordern, dass die Tätigkeit der Bierverkäufer:innen legalisiert wird – z.B. durch ein System, ähnlich wie es die Augustin-Verkäufer:innen haben, oder durch eine Liberalisierung der Gewerbeordnung. In Berlin wurden sie zum Beispiel mit der sogenannten „Bauchladenverkauf-Regelung“ bzw. Reisegewerbekarte legalisiert.
Spätis auch in Wien!
Nach Berliner Vorbild soll es auch in Wien möglich sein, bis in die Nacht alkoholische Getränke zu kaufen und zu konsumieren. Grundsätzlich befürworten wir die generelle Aufhebung der Ladenöffnungszeiten unter Einhaltung der Lärmschutzregelungen – unter dem Status Quo fordern wir aber jedenfalls Sonderöffnungszeiten für Supermärkte und Greissler, damit sie bis 24h öffnen dürfen. Mit einer Schanigartenreform soll eben diesen Geschäften ermöglicht werden Sitzbänke und Tische vor ihrer Lokalität zur Verfügung zu stellen.
Mehr Heisl in Wien!
In europäischen Großstädten wie z.B. Paris sind öffentliche Toiletten ganz normal. In Wien weigert man sich jedoch an vielen Orten weiterhin, diese aufzustellen – in dem Glauben, dass sich dadurch weniger Menschen im öffentlichen Raum aufhalten. Das ist der falsche Ansatz und auch keine jugendfreundliche Politik. Vor allem junge Menschen halten sich im öffentlichen Raum auf, um ihre Freund:innen zu treffen – denn es sind vor allem die Jungen, die zu Hause nicht genug Platz haben und denen die Decke auf den Kopf fällt. Die Stadt Wien bzw. die Bezirke sollen an öffentlichen Plätzen mehr umweltfreundliche Toiletten anbringen. Das verhindert, dass Menschen ihr „Geschäft“ draußen verrichten bzw. Papier in der Wiese liegen lassen – und dass man sich im öffentlichen Raum wohler fühlt.
Die (Straßen-)Kunst ist frei!
Die Kunst ist frei! Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit. Aber nur an bestimmten Orten und zu bestimmten Plätzen, wenn es um die Straßenkunstverordnung geht. An anderen muss man sich an die Behörden halten, wenn es darum geht, wann sie wo spielen dürfen. Wir fordern die Möglichkeit einer kostenlosen Online-Registrierung für Straßenkünstler:innen und damit eine Reform der Straßenkunstverordnung. Das soll die Bürokratie verringern und trotzdem ermöglichen, dass Straßenkünstler:innen nicht gleichzeitig an denselben Orten spielen.
Grün statt Grau!
Durch das Ausbauen von Wohnfläche wird immer mehr Fläche versiegelt und Grünflächen verschwinden. Gleichzeitig bilden Dächer eine neue, meist ungenutzte, Fläche. Extensive Dachbegrünung bietet eine Isolationsschicht, hält Überschusswasser bei Starkregen auf, etc. Außerdem lassen sich begrünte Dächer optimal mit dem Ausbau von Solartechnik verbinden.
Mülltrennung
Nach dem Tallinner Vorbild sollen auch in Wien die Mülltonnen mit Recyclingmöglichkeiten für Plastik- und Glasflaschen versehen werden. An Plätzen, wo diese Recyclingmöglichkeiten schnell voll werden, sollen zusätzliche Recyclingcontainer aufgestellt werden. Diese sollen auch möglichst barrierefrei zugänglich sein.
Konsumfreie Zonen erhalten
Konsumfreie Zonen müssen erhalten und gegebenenfalls aufgewertet werden, z.B. mit zusätzlichen Sitzgelegenheiten und/oder Begrünungen. Diese würden nicht nur Schatten spenden, sondern auch helfen, die Umgebung zu kühlen. Unnötige Asphaltierungen sollen jedenfalls vermieden werden, alternativ böten sich versickerungsfähige Pflastersteine oder einfach Grünflächen an.
Lern- und Arbeitsraum
Viele Jugendliche und junge Erwachsene fehlt in ihren Wohnungen der Raum, eigenständig und ungestört arbeiten zu können. Die meisten Schul- und Universitätsaufgaben, aber auch die steigende Möglichkeit von Home-Office-Tagen bindet junge Menschen jedoch nicht mehr an ihren Schreibtisch. Daher fordern wir mehr Möglichkeiten für Arbeitsplätze im öffentlichen Raum. Hierfür soll das Angebot an öffentlichen WLAN-Hotspots ausgebaut werden. Außerdem sind Tische und Bänke mit solarbetriebenen Lademöglichkeiten für mobile Endgeräte zu errichten.
Graffitis
Graffitis sind fester Bestandteil der Jugendkultur – so auch in Wien. Deshalb hat die Stadt Wien sogenannte „weiße Wände“ bereitgestellt, um die legale Ausübung der Graffiti Kunst zu ermöglichen. Diese Wände sind immer im Wandel und das zeichnet sie mitunter aus. Vermehrt muss man aber feststellen, dass viele Graffitis sehr schnell übersprüht werden, was dazu führt, dass auf illegale Wände ausgewichen wird. Das führt zu diversen negativen Konsequenzen, die durch eine Ausweitung der weißen Wände verhindert werden könnten. Außerdem müssen die Kennzeichnung und Verbreitung dieser klarer gestaltet werden. Informationstafeln sollen dazu dienen, dass alle sich darüber bewusst sind, dass das kreative Ausüben der Graffiti-Kunst in diesem Bereich legal ist und eine Informationskampagne soll den Bekanntheitsgrad dieser Wände aufwerten.
Nachtmobilität
Unter der Woche ist das Nachtbus-System in Wien ausreichend. Jedoch sollen die Stationen, die auch tagsüber befahren werden, in der Nacht beibehalten werden, da es sinnlos und verwirrend ist an einem Ort zwei verschiedene Stationen zu haben – eine für den Tag und eine für den Nachtbus.
Clubkultur
Die Clubszene ist die, die im Rahmen der Coronakrise zuerst schließen musste und wahrscheinlich die letzte, die wieder aufmachen darf. Viele Veranstalter:innen und Clubbetreiber:innen stehen am Rande der Existenz, viele werden es auch nicht aus der Krise schaffen.
Keine Umwidmungen, wenn man pleitegeht!
Die Clubkultur heißt nicht umsonst so – sie stellt einen wesentlichen Teil der des Wiener Alltags dar. Es geht nicht nur um Orte und ums Feiern, sondern um eine ganze Kultur. Partys sind nicht nur zum Feiern da, sondern bieten auch geschützte Räume für marginalisierte Gruppen an, wo sie ihre Identität ausleben können. Sollten Clubbetreiber:innen pleitegehen, müssen die Standorte trotzdem als Cluborte erhalten bleiben. Die wirtschaftlichen & soziokulturellen Werte dürfen nicht verloren gehen!
Partyzonen
Solange die Pandemie noch anhält, soll die Stadt Wien Testmöglichkeiten vor den Clubs bereitstellen. Auch Open Air Zonen sollen festgelegt werden, die Veranstalter:innen mieten können. Damit wird gewährleistet, dass sich weniger illegale Raves bilden und die Clubszene trotzdem nicht (finanziell) ausstirbt. Hier sollen vermehrt Sicherheitspersonal und Sozialarbeiter:innen vor Ort sein. Dieses Konzept soll, wenn es sich bewährt, auch nach der Pandemie weitergeführt werden.