Öffentliche Ausschreibungen im Betrieb des Tiroler Personennahverkehrs

Aktuelles Problem

In Österreich wird der Personennahverkehr (PNV) in hohem Maße von kommunalen oder staatlichen Unternehmen erbracht[1], während das in den meisten anderen europäischen Ländern nicht der Fall ist. Dabei regelt das ÖPNRV-G[2] die Aufgabenträgerschaft zwischen Bund, Ländern und den Gemeinden und sieht dabei vor, dass der Bund jenes Grundangebot finanziert, welches 1999/2000 vorhanden war. Die Anpassung des Systems an zukünftige Bedürfnisse sowie die Planung des Nah- und Regionalverkehrs obliegen den Ländern und Gemeinden.[3] Generell wird die Finanzierung des Regional- und Nahverkehrs vorrangig durch Bund und Länder getragen, während die Finanzierung des städtischen Verkehrs beinahe ausschließlich von den Städten selbst getragen wird.[4] Durch dieses hohe Maß an staatlichem Eingriff und das Recht von Direktvergaben von Dienstleistungsaufträgen sehen wir keine Möglichkeit einen fairen und gerechten Wettbewerb in puncto Auftragsvergabe bei öffentlichem Verkehr in Österreich. Dabei hat die Europäische Union 2007 bereits versucht mit Hilfe der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007[5] sichere, effiziente sowie hochwertige Personenverkehrsdienste durch einen regulierten Wettbewerb zu gewährleisten.[6] Dieser regulierte Wettbewerb wiederum, so das Ziel der EU, soll zu einem attraktiven Nahverkehr und zu niedrigeren Kosten führen sowie Ungleichheiten zwischen den Verkehrsunternehmen der verschiedenen Mitgliedstaaten abbauen. Niedrigere Kosten, bestmögliche Qualität und einen fairen Wettbewerb, darin sehen wir die Zukunft von Nahverkehr in Österreich und Tirol.

Die Lösung: Trennung von Netz und Betrieb im Tiroler Personennahverkehr

Die zentralen Ergebnisse der aktuellen ÖPNV-Erhebung von 2020 zeigen, dass in den Jahren 2014-2019 der Anteil der Ausgaben für die Erhaltung des laufenden Betriebes von 53% auf 67% gestiegen sind. Der Anteil der Ausgaben für Investitionen in den ÖPNV ist somit von 47% auf 33% gesunken. Immer höhere Kosten beim laufenden Betrieb des ÖPNV sind der Bevölkerung und somit den Steuerzahler:innen nicht länger zumutbar. Der Betrieb vom PNV in Tirol gehört unserer Meinung nach privatisiert. Damit meinen wir, dass das Land Tirol, welcher alleinige Gesellschafter der Verkehrsverbund Tirol GesmbH. (VVT) ist, gewährleisten soll, dass alle Dienstleistungsaufträge im Tiroler PNV ausgeschrieben werden und Direktvergaben nur dort vorgenommen werden dürfen, wo eine Ausschreibung für den jeweiligen Dienstleistungsauftrag erfolglos ist.

Dabei soll die Vergabe von Ausschreibungen nicht auf Grundlage des Billigstbieterprinzips erfolgen, sondern auf Grundlage des Bestbieterprinzips.[7] Somit wollen wir eine Trennung des Tiroler PNV-Netzes und deren Betrieb erwirken, wodurch wir eine große Chance darin sehen, dass sich das Land Tirol sowie die Tiroler Gemeinden durch das Freiwerden von finanziellen Mitteln wieder mehr dem Investitionsbereich widmen können. Dabei denken wir ganz konkret an den Ausbau und die Modernisierung des vorhandenen Angebots sowie die dringende und nicht mehr aufschiebbare Verbesserung des PNV in den ländlichen Regionen Tirols bzw. überhaupt erst deren Erschließung. Des Weiteren kann die Privatisierung des PNV-Betriebes, wie von der Europäischen Union forciert, dazu führen, dass ein attraktiverer Nahverkehr zu niedrigeren Kosten zustande kommt und die momentan bestehende Ungleichheit zwischen den Verkehrsunternehmen abgebaut werden kann. Vor allem in der momentanen Zeit mit einer Inflation von 8% (05/2022)[8] eine Möglichkeit, Privatpersonen, vor allem hinsichtlich der Mobilität, finanziell zu entlasten.

[1] Wikipedia | Öffentlicher Personennahverkehr: Rechtsgrundlagen und Angebotsformen

[2] Rechtsinformationssystem des Bundes | Bundesgesetz über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs

[3] KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung | 24.05.2016 | Finanzierungsströme im städtischen ÖPNV

[4] KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung | 12.11.2020 | Finanzierung des ÖPNV in österreichischen Städten

[5] European Union | Verordnung (EG) N r. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates

[6] Wikipedia | Verordnung (EG) Nr. 1370/2007

[7] Wirtschaftskammer Vorarlberg | Bestbieterprinzip

[8] Statista | Inflationsrate in Österreich nach Monaten