Ein liberales Privatisierungskonzept
Wir JUNOS sind der Überzeugung, dass der freie Markt in Form eines freien Unternehmertums und mündiger Konsumenten grundsätzlich die beste und effizienteste Form der wirtschaftlichen Organisation eines Gemeinwesens darstellt. Das Privateigentum an den Produktionsmitteln ist somit der Ausgangspunkt liberaler Überlegungen und jegliche Einschränkungen oder direkte staatliche Eingriffe in dieses bedürfen einer überzeugenden Argumentation der Personen, die diese vorschlagen.
Ausgangslage
Historisch gewachsen befinden sich nach mehreren Privatisierungswellen in den 1990ern und 2000er Jahren noch immer viele österreichische Großunternehmen teils oder zur Gänze in staatlicher Hand. Die vom Bund gehaltenen Beteiligungen werden dabei Großteils unsystematisch und ineffizient verwaltet. Das 2015 von der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft (ÖIAG) in die Österreichische Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH (ÖBIB) umgewandelte Beteiligungsmanagement war zahnlos und konzentrierte sich im Wesentlichen auf das Verwalten der Bestände.1 Die im Dezember 2018 erfolgte erneute Umwandlung der ÖBIB in die Österreichische Beteiligungs-AG (ÖBAG) brachte ebenfalls keine substantiellen Verbesserungen und sieht nun sogar die Möglichkeit von erneuten Verstaatlichungen vor.2 Der de facto Privatisierungsstopp wirkt sich negativ auf den österreichischen Kapitalmarkt, die österreichische Börse sowie auf mögliche zur Privatisierung geeignete Unternehmen aus. Es fehlt eine klare, nachhaltige und liberale Strategie für die Zukunft, die wir im Folgenden skizzieren.
Trennung in Beteiligungs- und Privatisierungsgesellschaft
Zuallererst ist zu prüfen, für welche bestehenden staatlichen Beteiligungen ein funktionierender Markt besteht und auf welche dies nicht zutrifft. Für eine Gesellschaft essentielle Aufgabenstellungen wie Spitäler, Schulen, Universitäten etc. sollen jedenfalls weiterhin im direkten Einflussbereich der öffentlichen Hand bleiben. Allenfalls können sie unter bestimmten Auflagen an private Betreiber übergeben werden. Der Staat muss die dabei vereinbarten Qualitätsziele laufend evaluieren. Natürliche Monopole (Strom-, Bahn- und Straßennetze, Leitungen etc.) müssen jedenfalls in staatlichem Eigentum bleiben. Wo ein funktionierender Markt besteht, soll privatisiert werden.
Daraus ergibt sich folgende Grundstruktur:
Beteiligungsmanagement des Bundes (BMB)
Diese managt die weitere Beteiligung an strategisch relevanten (Infrastruktur- )Gesellschaften mit festgelegtem Anteil. Dies betrifft die klassischen Infrastrukturbereiche (ÖBB Infra, ASFINAG, Verbund etc.) und sonstige strategische Vermögenswerte des Bundes (BIG, AIT etc). An diesen soll der Bund weiterhin mindestens 51 % halten. Die Gesellschaftsform ist eine GmbH mit Weisungsrecht des jeweils zuständigen Ministeriums.
Privatisierungsagentur des Bundes (PAB)
Diese umfasst alle marktorientierten Bereiche (ÖBB Personen- und Güterverkehr, Post, OMV, Telekom etc.), bereitet diese Beteiligungen gemäß dem Regierungsauftrag für eine Privatisierung bis zu 100 % vor und ressortiert im BMF. Sie ist als AG weisungsfrei.
Infrastrukturgesellschaft
Innerhalb der neu geschaffenen BMB lassen sich durch Bündelung weitere Effizienzpotentiale heben. Unter anderem durch die Schaffung einer untergeordneten Infrastrukturfinanzierungsgesellschaft (INFINAG) des Bundes, in der die gesamte überregionale Infrastruktur (Strom/Gas/Schiene/Autobahn) eingegliedert und zentral gemanagt wird. Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen sind von dieser nach dem Bestbieterprinzip an private Unternehmen zu vergeben. Durch die Trennung von Finanzierung und Management einerseits und Bau und Instandhaltung andererseits wird unabhängige Kontrolle und Transparenz sichergestellt. Damit Österreichs Infrastruktur endlich in das 21. Jahrhundert befördert wird, fordern wir in diesem Bereich des Weiteren, dass der Ausbau von Glasfaserleitungen zügig in Angriff genommen wird.
Zweckbindung der Privatisierungserlöse
50 % aller Erlöse aus den Privatisierungen sind verpflichtend für den Staatsschuldenabbau einzusetzen. Die anderen 50 % sollen in einen Zukunftsfonds fließen, dessen Aufgabe es ist, den quantitativen und qualitativen Ausbau der Kinderbetreuung, die Ausfinanzierung des Hochschulwesens, sowie Forschung und Wissenschaft (insbesondere im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz) zu unterstützen.
Kulturgüterstiftung
Die historischen Liegenschaften und Einrichtungen des Bundes (Institutionen mit Ausnahme der Museen, Bauten, Objekte, Gärten etc.) bilden einen Kernbestandteil des historischen Erbes Österreich. Ihre Erhaltung und Nutzung, die derzeit in unterschiedlichen Formen geschieht, soll auf Basis finanzieller Unabhängigkeit vom Bundeshaushalt neu ausgerichtet und in Stiftungsform verwaltet werden – die Kulturgüterstiftung Österreich. Die historischen Liegenschaften der BIG und anderer Einrichtungen sind ebenso in die Stiftung einzubringen. Die Stiftung verbleibt zu 100 % im Eigentum des Bundes.
Für die Österreich Stiftung bietet sich an, die genannten Liegenschaften und Einrichtungen der Republik Österreich aus dem Bundeshaushalt auszunehmen. Dazu wäre eine einmalige Anstoßdotierung in Höhe von zumindest rund 500 Mio. Euro (Privatisierungserlöse) notwendig.
Politische Unabhängigkeit – Schluss mit Postenschacher und Proporz
Eines der Grundübel im derzeitigen Management staatlicher Unternehmensbeteiligungen ist der Proporz und Postenschacher, der in diesen vorherrscht. Egal, welche Parteien gerade die Regierung stellen, Postenbesetzungen werden primär nach dem Parteibuch entschieden und nicht nach Qualifikation und Kompetenz. Um diesem Tun einen Riegel vorzuschieben, soll es für jeden zu bestellenden Vorstandsposten verpflichtende, transparente Ausschreibungen nach klaren vorher festgelegten Kriterien geben.
Essentiell ist insbesondere die Rolle des Chefs der neuen Privatisierungsgesellschaft (PAB). Damit die formale Weisungsfreiheit gegenüber der Regierung auch faktisch durchgesetzt werden kann, ist dessen Ernennung im Zuge eines offenen, parlamentarischen Hearings durchzuführen. Jede Fraktion des Nationalrats kann zwei Kandidaten vorschlagen. Diese müssen sich den Fragen der Abgeordneten im Hearing stellen. Das erforderliche Quorum zur Bestellung sollte dabei zwei Drittel der Abgeordneten zum Nationalrat betragen. Nur so ist garantiert, dass ein Kandidat aufgrund seiner vorhandenen fachlichen Expertise breite Unterstützung genießt.
Ein klares NEIN zu Verstaatlichungen!
Nach der Privatisierungswelle um die Jahrtausendwende hat sich der Zeitgeist in Folge des Ausbruchs der Wirtschaftskrise 2008 langsam, aber beständig gegen den freien Markt, den freien Handel und das freie Unternehmertum gewandt. Mittlerweile sind selbst bürgerliche Parteien gegenüber weiteren Privatisierungen skeptisch eingestellt und fordern teilweise sogar wieder mehr Einmischung des Staates in die Wirtschaft.3 Exemplarisch hierfür ist die im Dezember 2018 erfolgte Reform des österreichischen Beteiligungsmanagements, welches die heutige ÖBAG geschaffen hat. An sogenannten „strategisch relevanten Unternehmen“ soll diese ermächtigt werden wieder staatliche Beteiligungen zu erwerben. Diese Regelung ist nicht nur aufgrund ihrer schwammigen Formulierung kritisch zu betrachten, sie muss von einem Liberalen in ihrem Kern abgelehnt werden, da sie die Rolle des Staates missversteht. Der Staat soll als Schiedsrichter den politischen Rahmen setzen, aber nicht selbst als Unternehmer tätig werden, da er das schlicht nicht so gut kann, wie ein Privater und als Regelsetzer und -unterworfener in einen inhärenten Interessenskonflikt gerät.
Mit effektiven rechtlichen Rahmenbedingungen werden von einer Privatisierung alle Bürger:innen profitieren. Da dadurch ein echter Wettbewerb aufkommt, bei dem Leistungen besser und Preise niedriger werden.
1 https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/I/I_00458/index.shtml#tab-Uebersicht
2 https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/I/I_00367/index.shtml