Das Bildungsversprechen wahren

Das Wiener Bildungssystem steht schwer unter Druck und wird seinen Ansprüchen derzeit, trotz des großen Engagements von Lehrer:innen und Schulleitungen nicht gerecht. Besonders die große Anzahl an Kindern und Jugendlichen nicht-deutscher Muttersprache stellt das Schulsystem vor große Herausforderungen und verhindert in vielen Fällen einen geregelten und hochqualitativen Unterrichtsbetrieb. Es bedarf struktureller Verbesserungen und Änderungen, um allen interessierten und motivierten Schüler:innen einen Unterricht zu bieten, mit dem sie ihr Potenzial bestmöglich entwickeln können.

Deutsch als Unterrichtssprache ist die Grundlage für die Teilnahme am Schulbetrieb, wie auch für die gesellschaftliche Teilhabe. Ausreichende Deutschkenntnisse müssen einer Eingliederung in den regulären Unterricht vorausgehen. Grundsätzlich wäre eine Integration durch Durchmischung, in der nicht-deutschsprachige Kinder von deutschsprachigen Kindern die Sprache erlernen, wünschenswert. Dies ist aufgrund der demographischen Situation in Wien nicht mehr möglich. Dementsprechend fordern wir eine andere Herangehensweise, wie folgt:

1. Verschiebung in Regelklasse erst mit ausreichenden Deutschkenntnissen

Derzeit erfolgt die Verschiebung aus Deutschförderklassen in eine Regelklasse mit erfolgreichem Bestehen des MIKA-D-Test, oder nach vier Semestern. Um Schüler:innen besser zu unterstützen, und auch die Qualität des Regelunterrichts aufzuwerten soll es zukünftig nur mehr möglich sein, mit erfolgreich abgelegtem MIKA-D Deutschtest in den Regelschulbetrieb einzusteigen. Bis dahin hat ein:e Schüler:in den Deutschförderkurs zu besuchen.

2. Deutschförderkurse inhaltlich aufwerten

Um den Spracherwerb zu erleichtern, und die Schüler:innen bereits im Zuge des Förderprogramms auf den Regelschulbetrieb vorzubereiten, sind Deutschförderkurse teilweise inhaltlich bereits ähnlich dem normalen Unterricht zu führen, um Schüler:in Deutsch direkt anhand praktischer Beispiele beizubringen. Weiters sollten diese Deutschförderkurse mit Erkenntnissen aus der Sprachwissenschaft und anhand digitaler Unterrichtsmittel laufend verbessert werden.

3. Deckelung des sonderpädagogischen Förderbedarfs aufheben

Derzeit ist der Anteil der Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf 2,7% gedeckelt, wobei der tatsächliche Anteil dieses Limit deutlich übersteigt. Dies hat nicht nur die unzureichende Förderung dieser Kinder zur Folge, sondern verschlechtert auch den Unterricht für alle anderen Schüler:innen. Diese Deckelung ist aufzuheben.

4. Keine forcierte Verteilung von Schüler:innen

Schüler:innen sind zu jedem Zeitpunkt als Individuen unabhängig ihrer Herkunft zu sehen. Wir sprechen uns klar gegen eine forcierte Verteilung aus. Eltern soll es frei sein, ihre Kinder in der ihrer Ansicht nach bestgeeigneten Schule anzumelden. Sollte eine Schule mehr Anmeldungen als verfügbare Plätze erhalten, so ist es ihr erlaubt, die Entscheidung über die Aufnahme über selbst festgelegte Aufnahmekriterien und Aufnahmetests zu gestalten.

5. Große Altersunterschiede in Klassen vermeiden

Wir sehen es als Problem, wenn 13-Jährige mit 10-Jährigen in derselben Klasse sitzen. Um der daraus resultierenden Dynamik entgegenzuwirken, sollten Klassen altershomogen aufgestellt werden. Für Schüler:innen, die 2 Jahre und mehr über dem Regelalter einer Schulstufe liegen, sollten eigene, bei Bedarf schulübergreifende Klassen eingerichtet werden.

6. Opferschutz vor Täterschutz

Lehrer:innen beklagen sich häufig über fehlende Möglichkeiten, Konsequenzen für drastisches und wiederholtes Fehlverhalten zu verhängen. Auch Mitschüler:innen leiden häufig sehr unter dem Verhalten von ein paar wenigen verhaltensauffälligen Schülern. Die derzeitige Lösung, eine Suspendierung von maximal drei Wochen, nach der sie wieder in die alte Klasse zurückkehren, ist unzureichend und nur temporär wirksam. Um hier eine permanente Lösung zu erwirken, welche das Bildungsrecht des verhaltensauffälligen Schülers wahrt, empfehlen wir die Einrichtung dafür vorgesehener Klassen an ausgewählten Schulen in Wien, an welche betroffene Schüler:innen als letzte Maßnahme versetzt werden können.

7. Schule als religionsfreier Raum

Als öffentliche Einrichtungen eines Staates, in dem Religion und Staat getrennt sind, sind Schulen als religionsfreie Räume ausgelegt. Es bedarf einer klaren Positionierung auf Landesebene, dass religiösen Wünschen von Schüler:innen keine Aufmerksamkeit geschenkt werden soll. Als solches sind Forderungen nach Gebetsräumen und das Fernbleiben vom Unterricht aufgrund religiöser Feste oder Gottesdiensten strikt abzulehnen. Auch religiöse Symbole wie das Kreuz im Klassenzimmer sind unerwünscht. Des Weiteren sind religiöse Kleidungsstücke, insbesondere jene, welche Kinder unterdrücken und/oder sexualisieren, für Kinder unter 14 Jahren in Schulen in keiner Form gestattet.

8. Einheitlicher Werteunterricht

Um die religiösen Abgrenzungen zwischen Schülern nicht hervorzuheben ist von separatem Religionsunterricht der verschiedenen Religionen abzusehen. Stattdessen sollte ein gesammelter Werte- und Ethikunterricht stattfinden, in dem man über alle Religionen, und die Werte des westlichen, wie auch anderer Weltbilder, lernt.

Sollten Schüler:innen bereits menschenfeindliches Gedankengut haben und dies propagieren, braucht es härtere Konsequenzen. Wir JUNOS sind überzeugt davon, Intoleranz niemals mit Toleranz begegnen zu dürfen.

Wir fordern härtere Konsequenzen für Schülerinnen und Schüler, die antisemitisches, homophobes oder anderes extremistisches Gedankengut an den Tag legen.

Doch hier kann man nicht nur die Schüler:innen in Verantwortung nehmen, auch die Erziehungsberechtigten müssen ihren Teil dazu beitragen, dass sich das Verhalten der Schüler:innen im Rahmen unserer demokratischen und pluralistischen Grundsätze befindet. Daher muss es ebenfalls schärfere Maßnahmen für Erziehungsberechtige geben, sollten diese sich weigern, Teil der Problemlösung

zu sein.

Die ersten Jahre sind in der Entwicklung eines Kindes die mit Abstand wichtigsten. Hier sehen wir akuten Handlungsbedarf, um Kindern die bestmöglichen Chancen geben zu können.

9. Verpflichtendes zweites Kindergartenjahr mit Ganztagesoption

In der Forderung nach einem zweiten verpflichtenden Kindergartenjahr schließen wir uns der bestehenden Beschlusslage an, sehen damit aber den Handlungsbedarf noch nicht gedeckt. Sollten bei einem Kind zum Start des Kindergartens mit vier Jahren bereits deutliche Sprach- und Entwicklungsrückstände festgestellt werden, ist dieses Kind ganztägig im Kindergarten zu betreuen und zu fördern. Ein Hauptaugenmerk sollte hierbei auf die Sprachförderung gelegt werden, welche für die weitere Bildung unabdingbar ist. Wir sind uns des zusätzlichen Ressourcenaufwands bewusst, sehen dies aber als mitunter effektivsten Hebel, um die langfristigen Bildungschancen von Kindern bildungsferner Familien zu sichern.

10. Nicht bindende Empfehlung zur Bereitschaft der Einschulung ausstellen

Kindergärten und Volksschulen kommunizieren nicht, wenn es um die Entwicklung und Bereitschaft eines Kindes zur Einschulung geht. Da besonders Kindergärten über das Entwicklungslevel eines Kindes Bescheid wissen, empfehlen wir die Ausstellung eines Berichtes, in dem die Bereitschaft eines Kindes für die Einschulung festgestellt wird. Diese Einstufung ist nicht bindend, sollte jedoch die Entscheidung der Volksschule zur Einschulung oder zu einem Vorschuljahr informieren.

11. Technologie in der Schule

Kinder sollen zu digitalen Expert:innen mit entsprechender Medienkompetenz heranwachsen. Das erfordert den richtigen Rahmen für den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Endgeräten. Während Smartphones Lernprozesse und die Aufmerksamkeit im Unterricht beeinträchtigen, bietet der gezielte Einsatz von PCs einen Lernzuwachs. Eine ausgewogene Nutzung ist entscheidend, um die Chancen zu nutzen und Risiken zu minimieren.

Viele Länder haben bereits Handyverbote in Schulen und im Unterricht umgesetzt. Österreich hinkt hier hinterher. Es ist längst überfällig, in Zusammenarbeit mit allen Stakeholdern ein entsprechendes Verbot im Pflichtschulbereich umzusetzen, mit Ausnahmen für einen gezielten Einsatz, etwa im Fach „Digitale Grundbildung“, auf Anweisung der Lehrkraft.