Wer bin ich?
Musst du das wissen,
um meine Worte zu beurteilen?
Hass und Hetz‘
verträgst du nicht;
das gibt’s im Netz
und willst du verbieten.
Wer bist du,
dass du das wissen musst
und meine Worte beurteilst?
Meine Worte
verträgst du nicht;
du schließt mir die Pforte,
um sie zu verbieten.
Wer ist er,
der‘s wissen muss
und mich für meine Worte verurteilt?
Mit Klarnamenszwang
bin ich gefangen,
bei dem Gedanken wird mir bang –
er will meine Stimme verbieten.
Wer ist sie,
die’s nicht wissen muss,
die frei ist von Urteilen?
Ohne Namen
bin ich ich;
sie gibt nicht den Rahmen,
mir den Mund zu verbieten.
Wer sind wir,
die es nicht wissen
zu schreiben ohne Vorurteile?
Wir leben mit Hass,
anonym oder nicht,
weshalb ich’s nicht fass‘,
diesen Schutz zu verbieten.
Wer seid ihr,
die es wissen,
eine Debatte zu beenden mit Urteilen?
Der Staat greift ein,
ich bin nicht mehr frei;
der Name ist nicht mehr mein‘
und meine Gedanken sind zu verbieten.
Wer sind sie,
die etwas zu sagen wissen
und werden dabei nicht verurteilt?
Das sind die ohne Angst,
weil sie sind frei;
da du sie nicht belangst,
ist Mut nicht zu verbieten.
Wer ich bin?
Das weißt du nicht.
Ich bin frei.
Mit diesem Text sprechen wir uns gegen die Klarnamenspflicht aus. Die Klarnamenspflicht schafft es nicht, Hass und Hetze im Netz zu verhindern. Stattdessen stellt sie eine wesentliche Gefahr für unsere Demokratie dar. Sie dient der Einschüchterung von Widerstandsgruppen und hindert die Bildung neuer Meinungen und Positionen.
Es gibt viele Gründe, warum die Anonymität und die Verwendung von Pseudonymen im Internet so essentiell ist: Die freie Meinungsäußerung ist nur gesichert, wenn jede Person sich frei von Ängsten und Vorurteilen im Internet bewegen kann. Klarnamenspflicht bedeutet ja nicht nur die Preisgabe des realen Namens auf Facebook oder Instagram – sie verpflichtet zur Demaskade in allen möglichen Foren, angefangen von der LGBTIQ*-Community bis hin zu religiösen und politischen Minderheiten.
Auch wenn dieser Klarname nicht im Forum für alle Leser:innen dargelegt werden muss, gibt es Gefahren von Cyberattacken oder staatlichem Missbrauch. Alleine das Eingeben des Klarnamens reicht als Einschüchterung und ist dadurch ein Eingriff in unsere Meinungsfreiheit. Das ist ein erster Schritt zum gläsernen Menschen und führt auf einem direkten Weg in den Überwachungsstaat.
Gegen Hass im Netz braucht es ganz andere Maßnahmen, die die gesamte Gesellschaft betreffen. Eine Klarnamenspflicht ist eine Scheinmaßnahme, die diesem Zweck nicht dient.