Schluss mit der Scheinheiligkeit: Sexarbeit in Vorarlberg reformieren

Vorarlberg hat die strengste Prostitutionsregelung in ganz Österreich, aber was genau bedeutet das?

Vorarlberg hat vor 50 Jahren ein Prostitutionsverbot eingeführt und die Sexarbeit somit nur in Bordellen erlaubt. Die Rahmenbedingungen für die Bewilligung eines Bordells wurden im Jahre 1975 im Sittenpolizeigesetz unter dem Absatz „Gewerbliche Unzucht“ festgehalten. Damals ging es darum, die Prostitution von der Straße in die Bordelle zu verlagern. Man wolle die „Geistige Umweltverschmutzung“ eindämmen, hieß es damals von der ÖVP. Aber Bordelle gibt es in Vorarlberg nicht – zumindest nicht offiziell. Ganz nach dem Motto „O du subers Ländle, do isch alles ghörig.“

Problematik

In Vorarlberg steht die Eröffnung eines Bordells nicht nur vor bürokratischen Hürden, sondern auch vor sozialen Herausforderungen. Die Genehmigung für ein Bordell wird nicht vom Land, sondern von dem/der Bürgermeister:in der jeweiligen Gemeinde erteilt. Dies ist problematisch: Zum einen kann der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin dadurch in eine politische Drucksituation geraten; zum anderen ist auch der/die Antragstellende in der Regel in der Gemeinde bekannt und kann dadurch sozialem Druck und Anfeindungen ausgesetzt sein.

Darüber hinaus ist Prostitution im Land derzeit nur Frauen erlaubt. Diese Regelung ist nicht mehr zeitgemäß und widerspricht dem Grundsatz der Gleichstellung von Mann und Frau. Österreichweit gibt es lediglich ein offiziell registriertes Bordell, in dem ausschließlich Männer tätig sind – in Vorarlberg jedoch ist dies grundsätzlich untersagt.

Das Fehlen legaler Bordelle bedeutet jedoch nicht, dass es keine Sexarbeit gibt. Schätzungen zufolge gibt es in Vorarlberg derzeit zwischen 70 und 110 illegale Bordelle oder Einzelpersonen, die Sexarbeit anbieten. Viele, die ein legales Angebot bevorzugen, weichen auf die Schweiz aus, etwa nach Au, wo es fünf Bordelle und zwei Tankstellen auf 4.000 Einwohner gibt.

Dies führt nicht nur zu Steuerausfällen für das Land Vorarlberg, sondern auch zu einem Verlust an Kontrolle über die Arbeits- und Sicherheitsbedingungen in den illegalen Einrichtungen im Land.

Deshalb fordern wir JUNOS Vorarlberg:

Überarbeitung des Sittenpolizeigesetzes

Die Gesetzgebung des Landes Vorarlberg bedarf einer Modernisierung, um den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden. Viele Bestimmungen des Sittenpolizeigesetzes sind veraltet und nicht mehr zeitgemäß. Ein Beispiel hierfür ist § 11, Absatz 1: „Ankündigungen und Werbeanlagen jeder Art, einschließlich Schaukästen und Beleuchtungen, die auf die Nutzung eines Gebäudes zum Zweck gewerbsmäßiger Unzucht hinweisen, sind verboten.“  Ein pauschales Verbot, Werbung für ein Unternehmen zu machen, ist nicht gerechtfertigt. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, Bordellen Werbemaßnahmen zu untersagen. Wir Liberale setzen auf die Eigenverantwortung und den gesunden Menschenverstand der Betreiberinnen und Betreiber.

Legalisierung der Sexarbeit für Männer

Wir JUNOS Vorarlberg setzen uns für die Legalisierung der Sexarbeit für Männer ab 19 Jahren ein. Es gibt keine wissenschaftlich fundierten Gründe, warum Männern der Zugang zur Prostitution untersagt sein sollte. Die Einhaltung hygienischer Standards und regelmäßige Tests auf Geschlechtskrankheiten können auch hier gewährleistet werden.

Vorarlberg soll anerkennen, dass es unterschiedliche sexuelle Orientierungen gibt und dass auch Frauen die Möglichkeit haben sollen, entsprechende Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.

Anträge für Bordelle zur Landeskompetenz machen

Derzeit müssen Anträge in den jeweiligen Gemeinden eingereicht werden, was mehrere Herausforderungen mit sich bringt. Zum einen führt dies dazu, dass Entscheidungen –  ähnlich wie bei der Regelung der Sperrstunden – stark von der persönlichen Meinung des Bürgermeisters bzw. der Bürgermeisterin abhängen. Zum anderen besteht die Gefahr, dass die Sorge um Wahlergebnisse die Objektivität beeinflussen.

Daher setzen wir uns dafür ein, die Bearbeitung dieser Anträge auf Landesebene zu verlagern und durch unabhängige Expertinnen und Experten durchführen zu lassen. Dadurch kann die Objektivität sichergestellt und eine sachliche, parteiunabhängige Entscheidungsfindung gewährleistet werden.

Bürokratie-Monster bekämpfen

In Vorarlberg ist die Eröffnung eines Bordells mit umfangreichen bürokratischen Hürden verbunden. Bereits bei der Standortwahl können erste Schwierigkeiten auftreten, da das Sittenpolizeigesetz vorschreibt, dass das Gebäude nicht in der Nähe bestimmter Einrichtungen wie Kirchen, Friedhöfe oder Wohngebiete liegen darf.

Nach der schriftlichen Einreichung des Antrags in dreifacher Ausführung erfolgt eine Prüfung. Wenn der Antrag die formalen Anforderungen erfüllt, ist zusätzlich eine verpflichtende persönliche Antragstellung erforderlich, bei der die Eignung des Antragstellers oder der Antragstellerin bewertet wird. Selbst nach Erhalt der Genehmigung kann die Behörde diese auf einen bestimmten Zeitraum beschränken.

Zusätzliche Steuereinnahmen investieren

Durch die illegale Betreibung von Bordellen oder die Verlagerung der Nachfrage ins Ausland entgehen dem Land Vorarlberg erhebliche Steuereinnahmen. Eine Vereinfachung der Bedingungen für die legale Eröffnung von Bordellen würde es ermöglichen, diese Steuereinnahmen im Land zu halten. Diese zusätzlichen Mittel könnten gezielt in die sexuelle Bildung sowie in Maßnahmen zur Unterstützung und Sicherheit von Sexarbeitenden investiert werden, was eine sinnvolle und zweckgebundene Verwendung der neuen Steuergelder sicherstellt.

Abschließend lassen sich drei zentrale Ziele durch die erleichterte Genehmigung von Bordellen definieren:

  • Erstens kann die illegale Prostitution durch die Etablierung offiziell genehmigter Bordelle reduziert werden, wodurch ein höheres Maß an Hygienestandards und ein verbesserter Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten gewährleistet wird.
  • Zweitens bietet eine legale Beschäftigung Sexarbeitenden besseren Schutz vor Ausbeutung und Missbrauch.
  • Drittens können zusätzliche Steuereinnahmen gezielt in Programme zur sexuellen Aufklärung und in Maßnahmen zur Unterstützung von Sexarbeitenden investiert werden.