Das Rezept heißt Freiheit

Das österreichische Gesundheitssystem zählt auf dem Papier zu den besten der Welt. Es wird mit hohen finanziellen Mitteln ausgestattet, es verfügt über eine dichte Spitalslandschaft, und viele Menschen fühlen sich grundsätzlich gut versorgt. Doch es ist ein System, das von Ineffizienz und Intransparenz geprägt ist.

Ein Kernproblem liegt in der Zersplitterung der Zuständigkeiten. Bund, Länder und Sozialversicherungsträger schieben sich die Verantwortung gegenseitig zu. Während der Bund die Sozialversicherung kontrolliert, die Länder die Spitäler betreiben und die Gemeinden vielfach für Gesundheitsinfrastruktur zuständig sind, bleibt am Ende unklar, wer tatsächlich Verantwortung trägt. Patientinnen und Patienten werden zwischen den Systemen hin- und hergeschoben, während die Kosten explodieren.

Effizienz und Innovation sollten Leitwerte liberaler Gesundheitspolitik sein. Österreichs Gesundheitssystem leidet unter überholten Strukturen. Wir leisten uns zu viele kleine Spitäler, die nicht ausgelastet sind, während wir in der Primärversorgung am Land große Lücken haben. Wir investieren zu wenig in Digitalisierung und verschlafen internationale Trends. Länder wie Dänemark zeigen, dass eine moderne Gesundheitsversorgung mit weniger Spitälern, aber mehr Ambulanzen und starken regionalen Zentren nicht nur günstiger, sondern auch qualitativ besser sein kann.

Transparenz und Nachhaltigkeit sind die Grundpfeiler eines Systems, das Vertrauen schafft. Nur wenn die Menschen wissen, wohin ihre Beiträge fließen, und nachvollziehen können, wer wofür zuständig ist, können Reformen Akzeptanz finden. Ein nachhaltiges System muss finanzierbar bleiben, anstatt Schuldenberge auf künftige Generationen zu verschieben. Eine liberale Gesundheitspolitik muss Nachhaltigkeit auch finanziell denken: Sie darf nicht kurzfristig populäre Lösungen finanzieren, sondern muss Strukturen schaffen, die dauerhaft finanzierbar sind und den kommenden Generationen Spielraum lassen. Nur so können wir eine hochwertige Versorgung sichern, ohne die Jugend mit den Folgen heutiger Versäumnisse zu belasten.

Und vor allem: Prävention muss Vorrang haben. Es ist absurd, dass Österreich pro Jahr Milliarden in Spitalsaufenthalte investiert, aber vergleichsweise wenig in Prävention steckt. Krankheiten gar nicht erst entstehen zu lassen, ist nicht nur humaner, sondern auch volkswirtschaftlich günstiger.

Strukturreformen und Kompetenzentflechtung

Das größte Problem unseres Gesundheitssystems ist das föderale Kompetenzwirrwarr. Bund, Länder, Sozialversicherungsträger und auch viele Gemeinden teilen sich Zuständigkeiten so auf, dass am Ende niemand verantwortlich ist. Diese Aufsplittung führt dazu, dass Kosten und Verantwortung zwischen allen Ebenen hin- und hergeschoben werden.

Dieses System ist nicht reformfähig, solange die Verantwortlichkeiten so zersplittert bleiben. Es braucht eine klare Kompetenzentflechtung. Der Bund muss die übergeordnete Steuerung und Finanzierung der Gesundheitsversorgung übernehmen. Die Länder sollen in klar definierter Weise die Umsetzung und den Betrieb übernehmen, während Gemeinden sich auf jene Aufgaben konzentrieren, die sie tatsächlich effizient erbringen können, wie Präventions- oder Sozialdienste. Alle Ebenen brauchen eindeutige Zuständigkeiten und transparente Finanzströme, damit Verantwortung nicht länger verschleiert, sondern übernommen wird.

Ein zentrales Element dabei ist die Finanzierung aus einer Hand. Heute wird versucht, Patientinnen und Patienten zwischen ambulanter und stationärer Versorgung hin- und herzuschieben, weil unterschiedliche Kostenträger zuständig sind. Das führt nicht nur zu Ineffizienz, sondern oft auch zu schlechterer Versorgung. Wenn aber dieselbe Institution für beide Bereiche verantwortlich ist, wird es im Interesse der Finanzierer liegen, die sinnvollste und kostengünstigste Lösung zu wählen – und das ist fast immer die ambulante.

Darüber hinaus muss ein österreichweiter Risikostrukturausgleich eingeführt werden. Noch immer hängen Leistungen und Versorgungsschwerpunkte davon ab, in welchem Bundesland oder bei welcher Kasse man versichert ist. Das widerspricht dem Grundgedanken eines solidarischen Gesundheitssystems. Ein einheitlicher Ausgleichsmechanismus stellt sicher, dass die Versorgung unabhängig von Wohnort zu den gleichen finanziellen Rahmenbedinungen erfolgen kann.

Eine weitere Schwachstelle ist die Zersplitterung der gesetzlichen Sozialversicherungsträger. Die derzeitige Vielzahl von Trägern mit unterschiedlichen Strukturen und Leistungen ist nicht zeitgemäß. Wir fordern ihre Zusammenlegung zu einer einheitlichen Krankenkasse. Damit wird nicht nur Bürokratie abgebaut, sondern auch Transparenz geschaffen. Jede und jeder Versicherte weiß dann, welche Leistungen ihm oder ihr zustehen – ohne Unterschiede zwischen Angestellten, Selbständigen oder Beamten.

Langfristig wollen wir anstatt des derzeitigen Systems der staatlichen Pflichtversicherung eine Versicherungspflicht einführen. Die Versicherung muss dabei einen gesetzlich festgelegten Mindeststandard an Leistungen umfassen. Bürger haben dabei die Wahl zwischen diversen privaten und einem öffentlichen Anbieter. Bei privaten Krankenversicherungen ist es essenziell, dem Versicherer ohne Vorbehalt vertrauen zu können. Daher muss eine hohe Risikoabsicherung und Eigenkapitalquote festgeschrieben werden.

Auf Seite der Versicherungsnehmer kann und soll der Lebensstil die Versicherungsprämien beeinflussen. So könnten die Beiträge, wie beispielsweise in Deutschland Usus und in der österreichischen Versicherung der Selbstständigen (SVS) bereits implementiert, sinken, wenn man mehrere Vorsorgeuntersuchungen absolviert. Das ist nicht nur ein Gebot der individuellen Fairness, sondern würde aufgrund verstärkter Präventionsmaßnahmen auch die Gesamtkosten des Systems senken. Personen mit genetischen Vorerkrankungen dürfen hierdurch jedoch nicht benachteiligt werden.

Und schließlich braucht es mehr Transparenz in der Mittelverwendung. Heute ist für die Öffentlichkeit kaum nachvollziehbar, wie Milliarden im System verteilt werden. Die Vermischung von Mitteln aus Bund, Ländern und Krankenkassen macht es unmöglich, die tatsächliche Effizienz einzelner Bereiche zu bewerten. Ein transparentes, klar strukturiertes Finanzierungsmodell würde nicht nur Vertrauen schaffen, sondern auch Reformdruck erzeugen.

Kurz gesagt: Das derzeitige föderale Geflecht ist ein System permanenter Verantwortungslosigkeit. Wir JUNOS stehen für ein Gesundheitssystem, in dem Zuständigkeiten klar geregelt sind, Geld und Verantwortung aus einer Hand kommen und österreichweit gleiche Standards gelten. Nur so kann aus einem ineffizienten Fleckerlteppich endlich ein modernes, chancengerechtes Gesundheitssystem werden.

Schluss mit Postenschacher

Die Sozialversicherung ist kein Beutegut von Schwarz und Rot. Jahrzehntelange parteipolitische Besetzungen in Gremien haben Fehlanreize, Intransparenz und Stillstand zementiert. Wir setzen auf professionelle, politisch unabhängige Governance: Besetzungen nach klaren Qualifikationskriterien, öffentliche Hearings, Cooling-off-Regeln, eine saubere Trennung von Aufsicht und operativer Führung sowie volle Veröffentlichungspflichten. Nur entpolitisierte Träger dienen den Versicherten – nicht den Parteizentralen.

Versorgung in Stadt und Land

Besonders deutlich zeigt sich die Schieflage des Systems bei der Versorgung am Land. Während in Ballungsräumen Ärztinnen und Ärzte in hoher Zahl vorhanden sind, kämpfen ländliche Regionen mit massiven Engpässen. Heute ist es vielerorts einfacher, binnen weniger Tage einen Termin in einer Privatordination in Wien zu bekommen, als am Land einen Kassenarzt zu finden. Das ist nicht nur ein Gerechtigkeitsproblem, sondern auch eine Gefahr für die Attraktivität des ländlichen Raums. Wer sich dort nicht versorgt fühlt, wandert ab – und die Spirale der Unterversorgung dreht sich weiter.

Die Zukunft der Gesundheitsversorgung am Land liegt nicht im Festhalten an einer Vielzahl kleiner Spitäler, die unterausgelastet und teuer sind. Österreich hat gemessen an der Bevölkerungszahl fast doppelt so viele Spitalsbetten wie der OECD-Schnitt, aber keine besseren Ergebnisse. Stattdessen braucht es leistungsfähige regionale Gesundheitszentren, die verschiedene Fachrichtungen bündeln und eng mit Primärversorgungseinheiten zusammenarbeiten. Diese PVEs müssen interdisziplinär organisiert sein: Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte, Therapeutinnen und Therapeuten sowie Psychologinnen und Psychologen sollen gemeinsam unter einem Dach arbeiten. Dänemark hat vorgemacht, wie eine Reduktion der Spitalsanzahl mit gleichzeitiger Verbesserung der Versorgung gelingen kann.[1] Österreich muss diesem Beispiel folgen und Mut zur Strukturänderung beweisen.

Darüber hinaus braucht es neue mobile und digitale Angebote. Beispielsweise kann eine gezielte Nutzung von Telemedizin dazu beitragen, Versorgungslücken zu schließen. Digitalisierung ist dabei kein Selbstzweck, sondern eine Notwendigkeit, um Menschen auch abseits der Ballungszentren gleichwertig zu versorgen. Gerade für chronisch Kranke, die regelmäßig Kontrolltermine benötigen, können digitale Lösungen eine enorme Entlastung darstellen.

Ambulant vor stationär und Digitalisierung

Österreich leistet sich eine der höchsten Spitalsdichten Europas[2], ohne dadurch bessere Ergebnisse zu erzielen. Die Zahl der Spitalsaufenthalte liegt weit über dem OECD-Schnitt[3], während gleichzeitig die durchschnittliche Aufenthaltsdauer kaum sinkt. Das ist ineffizient und teuer. Wir fordern daher eine echte Neuausrichtung: Ambulante Versorgung muss Vorrang haben. Wer nicht zwingend stationär behandelt werden muss, soll ambulant versorgt werden.

Dazu braucht es Investitionen in Tageskliniken, Ambulanzen und die Vernetzung von Hausärztinnen und Fachärzten. Stationäre Spitalsaufenthalte sollen auf Notfälle und hochkomplexe Eingriffe beschränkt werden. Dieser Paradigmenwechsel ist nicht nur kosteneffizient, sondern auch patientenfreundlich, weil Menschen schneller wieder in ihr gewohntes Umfeld zurückkehren können.

Ein liberal gedachtes Gesundheitssystem muss auch die richtige Balance zwischen niederschwelligem Zugang und verantwortungsvollem Umgang mit Ressourcen finden. In Österreich sind Spitalsambulanzen oft die erste Anlaufstelle, auch für Fälle, die in einer Ordination oder einem Primärversorgungszentrum kostengünstiger und patientenfreundlicher behandelt werden könnten. Diese Fehlsteuerung überlastet Ambulanzen und bindet Personal, das für echte Notfälle gebraucht wird. Wir JUNOS sprechen uns daher für Ambulanzgebühren aus: Wer ohne akuten Notfall eine Spitalsambulanz in Anspruch nimmt, soll einen moderaten Kostenbeitrag leisten.

Das österreichische Gesundheitssystem leidet nicht nur unter ineffizienten Strukturen, sondern auch unter einem Mangel an sinnvoller Datennutzung. Weder existiert ein umfassender Überblick darüber, welche Krankheiten in welcher Häufigkeit auftreten, noch stehen behandelnden Ärztinnen und Ärzten konsistente Informationen über Krankheitsverläufe und chronische Leiden zur Verfügung. Diese Informationslücken führen zu unnötiger Bürokratie, belasten das Personal im Gesundheitswesen und verschlechtern die Behandlungsqualität.

Ein moderner, gut gesteuerter Datenfluss könnte hingegen gezielt helfen, Versorgungsstrukturen bedarfsgerecht zu planen und niederschwellige Angebote dorthin zu bringen, wo sie gebraucht werden. Er eröffnet auch der Forschung enorme Chancen: Bei seltenen Erkrankungen etwa könnten Patientinnen und Patienten schneller in klinische Studien aufgenommen und innovative Therapien rascher verfügbar gemacht werden. Selbst die reguläre Medikamentenversorgung würde von einer datenbasierten Strategie profitieren – etwa durch eine schnellere Zulassung wirksamer Präparate und eine bessere Abstimmung von Behandlungsprozessen.

Ein weiteres Problem des Gesundheitssystems ist die überholte Arbeitsteilung. Was nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist, fällt automatisch unter den ärztlichen Vorbehalt. Damit dürfen selbst hochqualifizierte Pflegekräfte, Therapeut:innen oder Sanitäter:innen viele Leistungen nur auf ausdrückliche ärztliche Anweisung erbringen – selbst wenn ihre Ausbildung sie längst dazu befähigt. Das blockiert Abläufe, erzeugt Engpässe und verschwendet Ressourcen. Österreich hat mit 5,4 Ärzt:innen pro 1.000 Einwohner zwar einen Spitzenwert in der OECD[4], dennoch mussten in den vergangenen Jahren Operationen und Behandlungen ausfallen – nicht wegen fehlender Ärzt:innen, sondern weil OP-Pflege, spezialisierte Assistenzkräfte oder Sanitäter:innen fehlten.

Wir JUNOS sehen darin ein strukturelles Problem: Die Kompetenzen zahlreicher Gesundheitsberufe wurden in den letzten Jahren akademisiert und ausgeweitet, ihre rechtliche und praktische Nutzung hinkt aber hinterher. Das System schöpft das Potenzial dieser Berufsgruppen nicht aus und verschärft damit den Personalmangel. Wir fordern daher eine umfassende Modernisierung der Berufsgesetze, die es ermöglicht, Aufgaben dorthin zu verlagern, wo das Fachwissen vorhanden ist. Sanitäter:innen sollen vor Ort mehr tun dürfen, Pflegekräfte und Therapeut:innen sollen in ihrem Kompetenzbereich eigenverantwortlich handeln können.

Ein modernes, liberales Gesundheitssystem setzt auf den „mündigen Patienten“. Wer über seine eigenen Gesundheitsdaten verfügt, kann informierte Entscheidungen treffen, Therapien aktiv mitgestalten und Doppeluntersuchungen vermeiden. Wir fordern daher, dass nicht nur Ärzt:innen und andere Gesundheitsberufe, sondern auch Patient:innen selbst einfachen und vollständigen Zugang zu ihren digitalen Gesundheitsinformationen erhalten – sicher, verständlich und nutzerfreundlich. Zugleich muss das Gesundheitsberuferegister so reformiert werden, dass Qualifikationen und Spezialisierungen transparent sichtbar sind. So können Personalplanung und Ausbildung besser gesteuert werden, und Patient:innen profitieren von klaren Zuständigkeiten und kürzeren Wegen.

Ein besonderes Ärgernis für viele Patienten ist auch die Notwendigkeit, zu allen Arztterminen die physische e-Card mitzubringen. Die e-Card muss schnellstmöglich in einer vollständig digitalen Variante zur Verfügung gestellt werden. Die digitale Variante soll dabei die physische Karte nicht ersetzen, sondern ergänzen, um der Lebensrealität vieler Menschen gerecht zu werden, die keine physischen Karten alltäglich mit sich tragen.

Prävention und Gesundheitskompetenz

Ein liberales Gesundheitssystem setzt nicht erst dann an, wenn Menschen krank sind, sondern schon vorher. Österreich gibt im internationalen Vergleich viel für Akutversorgung, aber sehr wenig für Prävention aus. Das muss sich ändern.

Gesundheitsbildung gehört von klein auf in Lehrpläne. Schon in der Volksschule sollten Kinder mit den Grundlagen gesunder Ernährung und Bewegung sowie physische und psychische Gesundheit vertraut gemacht werden. In Schulen müssen Themen wie Gesundheitskompetenz, Sexualkunde und Erste Hilfe als feste Bestandteile im Unterricht verankert sein. Wer früh über Risiken aufgeklärt wird, kann später eigenverantwortlich Entscheidungen treffen.

Ein Kernelement einer erfolgreichen Präventionsstrategie ist ein umfangreiches Impfprogramm. Viele Krankheiten könnten mit einer ausreichenden Durchimpfungsrate völlig ausgerottet werden. In Österreich gibt der Nationale Impfplan umfassende Empfehlungen für verschiedene Bevölkerungsgruppen, viele der empfohlenen Impfungen müssen allerdings privat gezahlt werden. Angesichts der riesigen gesellschaftlichen Vorteile, die durch weniger Spitalsaufenthalte und Krankenstände entstehen, ist dies ein völlig falscher Anreiz. Wir fordern, dass alle vom Nationalen Impfplan empfohlenen Impfungen vollständig von der Krankenkasse gedeckt werden.

Gesundheitskompetenz beginnt nicht erst bei Ernährung und Bewegung, sondern auch bei der Fähigkeit, im Notfall richtig zu handeln. Wir fordern daher, Erste-Hilfe-Kurse als festen Bestandteil des Unterrichts in allen Schultypen zu verankern. Kinder und Jugendliche sollen während ihrer Schullaufbahn regelmäßig und praxisnah in lebensrettenden Sofortmaßnahmen geschult werden. Das stärkt nicht nur das Bewusstsein für Verantwortung und Zivilcourage, sondern schafft auch langfristig eine Bevölkerung, die im Ernstfall helfen kann und medizinische Notfälle besser einschätzen lernt. Erste Hilfe ist damit ein zentraler Baustein moderner Gesundheitsbildung und Prävention.

Auch Erwachsene müssen stärker in die Verantwortung genommen werden. Vorsorgeuntersuchungen sollten attraktiver gestaltet, stärker beworben und mit digitalen Tools verknüpft werden, die Menschen helfen, ihre Gesundheitsdaten im Blick zu behalten. Krankheiten wie Diabetes Typ II oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in hohem Maße vermeidbar – es braucht aber Programme, die Betroffene frühzeitig erreichen und unterstützen. Prävention ist die günstigste und zugleich humanste Medizin.

Selbstbestimmung und moderne Medizin

Ein liberales Gesundheitssystem nimmt Selbstbestimmung ernst. Dazu gehört das Recht, über den eigenen Körper und die eigene Familienplanung zu entscheiden. Wir fordern daher die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik in klar geregeltem Rahmen. Sie ermöglicht Paaren, schweres Leid zu verhindern und verantwortungsbewusste Entscheidungen über ihr Leben zu treffen.

Jugendlichen soll die Funktionsweise von Verhütungsmitteln im Rahmen der Sexualkunde erläutert werden. Ergänzend dazu braucht es flächendeckende Aufklärung, die über Risikoverhalten, Geschlechtskrankheiten und moderne Verhütungsmethoden informiert.

Darüber hinaus müssen Patientenrechte gestärkt werden. Patientinnen und Patienten haben Anspruch auf volle Transparenz über Behandlungsmöglichkeiten und Kosten. Sie müssen das Recht auf freie Arztwahl und Therapiefreiheit haben. Ein liberales Gesundheitssystem vertraut auf die Fähigkeit der Menschen, informierte Entscheidungen zu treffen – es bevormundet sie nicht.

Allerdings sollen verpflichtende SV-Beiträge nur für medizinische Leistungen eingesetzt werden, die nachweislich wirken. Alternative Therapien wie Homöopathie dürfen nicht von der gesetzlichen Krankenkasse gezahlt werden können. Selbstverständlich steht es den Patientinnen und Patienten frei, diese Leistungen privat zu zahlen.

Frauengesundheit und geschlechtsspezifische Medizin

Ein modernes Gesundheitssystem muss die unterschiedlichen Bedürfnisse und Lebensrealitäten von Frauen und Männern ernst nehmen. Über Jahrzehnte hinweg wurde medizinische Forschung überwiegend an männlichen Probanden durchgeführt, und die Ergebnisse wurden pauschal auf Frauen übertragen. Medikamente, Diagnosetests und Therapien sind deshalb vielfach auf den „durchschnittlichen Mann“ zugeschnitten – mit der Folge, dass Frauen häufiger Nebenwirkungen erleiden, Diagnosen verzögert gestellt werden und spezifische Krankheitsbilder weniger gut verstanden sind. Gerade bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Autoimmunerkrankungen und Endometriose besteht erheblicher Forschungsbedarf.

Wir JUNOS fordern deshalb eine konsequente geschlechtsspezifische Forschung und Versorgung. Arzneimittel und Medizinprodukte müssen in allen Phasen klinischer Studien auch an Frauen getestet und nach Geschlecht ausgewertet werden. In der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten müssen frauenspezifische Symptome, Krankheitsverläufe und Therapien stärker verankert werden. Frauengesundheit umfasst aber weit mehr als biologische Unterschiede. Reproduktive und sexuelle Gesundheit ist ein zentraler Bestandteil. Dazu zählen der einfache Zugang zu sicheren und modernen Verhütungsmitteln, evidenzbasierte Information über Menstruationsgesundheit, Schwangerschaft und Geburt sowie ein Rechtsrahmen, der Frauen Selbstbestimmung garantiert.

Auch psychische und soziale Faktoren sind bei Frauengesundheit zentral. Frauen sind häufiger von Mehrfachbelastungen und Betreuungspflichten betroffen – Faktoren, die sich direkt auf ihre Gesundheit auswirken. Präventions- und Unterstützungsprogramme müssen diese Lebensrealitäten berücksichtigen, etwa beim Zugang zu psychologischer Hilfe, bei Angeboten für Alleinerziehende oder beim Schutz vor Gewalt. Gewalt an Frauen ist auch ein Gesundheitsproblem: medizinisches Personal muss sensibilisiert und Strukturen geschaffen werden, um Betroffene rasch und umfassend zu unterstützen.

Frauengesundheit ist damit kein Nischenthema, sondern ein zentraler Maßstab für die Qualität eines Gesundheitssystems. Ein liberales Gesundheitswesen muss sicherstellen, dass Forschung, Diagnostik, Therapie und Arbeitsbedingungen die Hälfte der Bevölkerung nicht länger benachteiligen, sondern ihre Bedürfnisse und Lebensrealitäten gleichwertig berücksichtigen.

Psychische Gesundheit

Psychische Gesundheit ist das Stiefkind der österreichischen Gesundheitspolitik. Noch immer sind psychische Erkrankungen stigmatisiert, Wartezeiten auf Therapieplätze sind unzumutbar, und viele Menschen können sich Hilfe schlicht nicht leisten. Dabei sind Depressionen, Angststörungen und Burnout längst Volkskrankheiten. Laut OECD gehört Österreich zu den Ländern mit dem höchsten Anteil psychischer Erkrankungen, gleichzeitig liegt die Zahl der kassenfinanzierten Psychotherapieplätze deutlich unter dem Bedarf.

Die Folgen sind gravierend – nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Gesellschaft. Psychische Erkrankungen führen zu massiven Ausfällen am Arbeitsplatz, mindern Bildungs- und Berufschancen junger Menschen und verursachen enorme volkswirtschaftliche Kosten. Trotzdem werden sie noch immer nicht mit derselben Ernsthaftigkeit behandelt wie körperliche Leiden.

Wir fordern die größtmögliche Gleichstellung psychischer mit körperlichen Erkrankungen in der medizinischen Versorgung. Dazu braucht es einen massiven Ausbau von kassenfinanzierten Psychotherapieplätzen, die flächendeckend und ohne monatelange Wartezeiten verfügbar sind. Besonders junge Menschen leiden unter psychischem Druck. Schulen und Hochschulen brauchen Zugang zu niederschwelligen psychologischen Angeboten, Beratungsstellen und Kriseninterventionsteams. Gleichzeitig müssen breite Kampagnen das Tabu um psychische Erkrankungen brechen.

Besonders gravierend ist in Österreich der Mangel an Angeboten außerhalb von Spitälern. Für psychisch erkrankte Menschen gibt es kaum Einrichtungen, die eine Betreuung in einem wohnortnahen, nicht-klinischen Umfeld ermöglichen. Altenheime nehmen psychisch Kranke meist gar nicht oder nur ungern auf, für junge Betroffene existieren abgesehen von wenigen betreuten Wohngemeinschaften praktisch keine Alternativen zum Krankenhaus – und diese Angebote können oft nur genutzt werden, solange der Zustand relativ stabil ist.

Wir JUNOS fordern daher einen gezielten Ausbau extramuraler Betreuung für psychisch erkrankte Menschen: mehr betreute Wohneinrichtungen, Tageskliniken, mobile multiprofessionelle Teams und niederschwellige Anlaufstellen, die echte Alternativen zum Spital schaffen.

Ein Gesundheitssystem, das psychische Probleme nicht ernst nimmt, ist kein modernes System. Mentale Gesundheit ist die Grundlage für Leistungsfähigkeit, Kreativität und gesellschaftliche Teilhabe – sie darf nicht länger als Nebenthema behandelt werden.

Österreich braucht eine mutige liberale Reformagenda in der Gesundheitspolitik. Wir wollen klare Strukturen, in denen Verantwortung nicht länger verschleiert, sondern übernommen wird. Wir wollen eine Versorgung, die am Land genauso hochwertig ist wie in der Stadt, die auf ambulante Behandlung setzt, Digitalisierung nutzt und Prävention ins Zentrum rückt. Wir wollen ein System, das Selbstbestimmung ernst nimmt, reproduktive Freiheit schützt und psychische Gesundheit gleichwertig behandelt.

Wir JUNOS fordern daher ein modernes, transparentes und chancengerechtes Gesundheitssystem, das nachhaltig finanzierbar ist, Innovation ermöglicht und allen Menschen in Österreich den gleichen Zugang zu qualitativ hochwertiger Versorgung garantiert.

[1] NZZ.at | 14.09.2024 | Viele kleine Roboter, nur noch Einzelzimmer und Krebstherapie zu Hause: So sieht das Spital der Zukunft aus

[2] Eurostat | 15.07.2025 | How many hospital beds does the EU have?

[3] OECD | 07.11.2023 | Health at a Glance 2023

[4] In Österreich variiert die Dichte zwischen 4,25 Ärzt:innen pro 1.000 Einwohner:innen im Burgenland und fast sieben in Wien (ÖÄK, 2023)