Für uns Junge liberale NEOS ist die Freiheit des Einzelnen das höchste Gut. Jeder Mensch soll sein Leben so weit wie möglich ohne Einschränkung seiner Freiheit leben können. Diese individuelle Freiheit steht jedem Menschen gleichermaßen zu. Der beste Weg, Menschen Freiheit zu ermöglichen, ist für uns JUNOS ein liberaler Staat, der für die Einhaltung der Grundrechte sorgt, aber das wirtschaftliche und gesellschaftliche Treiben weitgehend unberührt lässt.
Dann und wann führt die spontane Ordnung jedoch auch zu Notlagen, in denen Menschen in eine Situation gebracht werden, in der sie ihre Freiheit nicht ausüben können. Menschen mit Beeinträchtigungen oder vom Markt nicht honorierten Talenten kann es unter Umständen schwerfallen, ihr Dasein in einer marktorientierten Gesellschaft eigenmächtig zu sichern und ihre Freiheit auszuleben. Auch Unglücke wie Unfälle und Erwerbsunfähigkeit, Krankheit oder der Verlust des Jobs können Menschen an den Rand der Existenz treiben. Selbst verschuldetes oder nicht selbst verschuldetes Unglück darf in einer zivilisierten Gesellschaft einen Menschen nicht in eine Sackgasse drängen. Da jedem Menschen ein freies Leben zusteht, ist es im liberalen Staat notwendig, in diesem beschränkten Maß, in die spontane Ordnung des Marktes einzugreifen und Menschen in Notlagen nicht allein ihrem Schicksal zu überlassen, sondern ihr Überleben und ihre Freiheit abzusichern.
Für Unglücke in Zusammenhang mit Krankheit und Pflegebedarf befinden wir Junge liberale NEOS ein System der Versicherungspflicht zweckmäßig; in anderen Fällen muss, falls keine private Vorsorge getroffen wurde, als letztes Fangnetz ein steuerfinanziertes Sozialsystem bereitstehen. Dieses soll auch Menschen absichern, die nur ein so geringes Einkommen erreichen können, das das Überleben nicht sichert.
Um Steuern für ein solches Sozialsystem zu rechtfertigen, muss dieses System zunächst für jeden Bürger verständlich, also übersichtlich sein. Es muss außerdem gerecht sein und für jeden bedürftigen Bürger gleichermaßen gelten. Weiters muss es effizient sein und das Steuergeld verantwortungsvoll eingesetzt werden. Es muss auch treffsicher sein und nur diejenigen unterstützen, die auch wirklich Unterstützung brauchen. Wir JUNOS fordern ein Sozialsystem, das diese Kriterien erfüllt, und lehnen unübersichtliche, ungerechte, ineffiziente und nicht treffsichere Umverteilung ab.
Das österreichische Sozialsystem scheitert
Das österreichische Sozialsystem ist chaotisch organisiert und nicht mehr zeitgemäß. Die „Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS)“ hat die Sozialhilfe der Bundesländer ersetzt und in eine Struktur gebracht, doch wurden die Ziele der Vereinfachung, Vereinheitlichung und Transparenz der Sozialleistungen verfehlt. Auch setzt die derzeitige Ausgestaltung der Mindestsicherung keine Erwerbsanreize. Besonders schwerwiegend ist jedoch, dass in aktuellen Debatten die Gleichheit der Menschen untergraben wird, in dem von verschiedener Stelle die Kürzung der Mindestsicherung für Flüchtlinge gefordert wird.
Neben der „Bedarfsorientierten Mindestsicherung“ gibt es nach wie vor zahlreiche andere Sozialleistungen, die von Bund, Ländern und Gemeinden ausgeschüttet werden. Das derzeitige System ist unübersichtlich, ungerecht, ineffizient und nicht treffsicher.
Das österreichische Sozialsystem ist unübersichtlich, da es eine Vielzahl von auszahlenden Stellen gibt. Sozialleistungen werden teils als staatliche Versicherungsleistung, teils als direkte Subvention auf Bundesebene, auf Landesebene und auf Gemeindeebene in verschiedenster Ausgestaltung und Höhe ausgeschüttet. Das Dickicht an Sozialleistungen auf allen Gebietskörperschaftsebenen bevorzugt die Findigen vor den Bedürftigen.
Das österreichische Sozialsystem ist ungerecht, da es je nach Wohnsitz unterschiedliche Sozialleistungen und Bedarfsuntergrenzen gibt. Bei der Mindestsicherung sind mittels 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern Untergrenzen festgelegt worden. Die Höhe der tatsächlich ausbezahlten Leistungen variiert aber stark von Land zu Land, zudem haben Länder und Gemeinden zusätzliche Sozialleistungen wie beispielsweise Miet- und Wohnbeihilfen.
Das österreichische Sozialsystem ist ineffizient, da gewisse Leistungen über die verschiedenen Gebietskörperschaften hinweg doppelt abgegolten werden. So gibt es sowohl in manchen Gemeinden als auch auf Landesebene Miet- und Wohnbeihilfen, wie auch zusätzliche Heizzuschüsse, die laut 15a-Vereinbarung eigentlich dem Lebensunterhalt in der Mindestsicherung zuzurechnen wären. Neben der Mindestsicherung besteht mit der Notstandshilfe als Letztinstanz in der Arbeitslosenversicherung eine zweite unbefristete Leistung, deren Koexistenz zu hinterfragen ist.[1] Ineffizient ist auch die Organisation und Umsetzung – der Behörden- und Antragsdschungel.
Das österreichische Sozialsystem ist nicht treffsicher. Die Familienbeihilfe wird unabhängig vom Einkommen der Personen als Pauschale an alle Eltern ausbezahlt. Sie wird über den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) finanziert, der aus Arbeitgeberbeiträgen gespeist wird. Nicht nur in Anbetracht der erdrückenden Steuerlast in Österreich sind solche Ausgaben nach dem Gießkannenprinzip grundlegend zu überdenken. Wir Junge liberale NEOS sprechen uns für finanzielle Unterstützung für Bedürftige aus, aber unterstützen keine horizontalen Umverteilungsmaßnahmen. Verschiedene Studien belegen außerdem, dass finanzielle Subventionen nur eine geringe Auswirkung auf Fertilitätsraten haben, Sachleistungen wie leistbare Kinderbetreuungsplätze jedoch eine hohe.[2]
Die Rettung des Sozialstaates: das Liberale Bürgergeld
Wir JUNOS fordern eine radikale Umstrukturierung der Sozialausgaben. Bis auf wenige Ausnahmen sollen alle Sozialleistungen aller Gebietskörperschaften in einer Leistung gebündelt werden: dem Liberalen Bürgergeld. Dieses wird aus dem allgemeinen Steuertopf finanziert. Staatliche Pflichtversicherungen, mit deren Beiträgen der Staat die Bürger:innen am Gängelband führt, gehören der Vergangenheit an. Es besteht lediglich eine Versicherungspflicht für eine Kranken- und Pflegeversicherung.[3] Wer sich über das Liberale Bürgergeld hinaus absichern möchte, kann dies über private Vorsorge tun.
Die Sätze des Bürgergeldes werden auf Bundesebene festgelegt und sind auf alle Bürger anwendbar. Die Berechnung der individuellen Ansprüche und die Auszahlung erfolgen auf lokaler Ebene über die Finanzämter. Durch die Bündelung der Leistungen ist das Liberale Bürgergeld übersichtlich, durch die zentrale Festsetzung der Ansprüche gerecht, dank einer einzigen Auszahlungsstelle mit lokalem Bezug effizient, und da nur diejenigen die Leistung erhalten, die sie auch wirklich benötigen, ist das Liberale Bürgergeld treffsicher.
Geldleistungen
Die Leistungen des Bürgergeldes richtet sich an sogenannten Bedarfsgemeinschaften (vgl. Mindestsicherungsgesetze Österreich und Zweites Buch Sozialgesetzbuch Deutschland) aus. Eine Bedarfsgemeinschaft besteht, grob gesagt, aus allen Personen, die in einem gemeinsamen Haushalten leben und zwischen denen Unterhaltsverpflichtungen bestehen.
Zur Ermittlung des Bedarfes zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Ernährung, Kleidung, Hausrat), der monetär abgeglichen werden soll, werden Referenzbudgets eingesetzt. In diesen Referenzbudgets soll der Mindeststandard der grundlegenden Lebenserhaltungskosten für ein menschenwürdiges Leben abgebildet werden. Diese sollen in einem partizipativen Prozess mit Betroffenen, Schuldnerberatungen und Sozialarbeiter:innen, nationalen und internationalen Sozialwissenschaftler:innen und Vertreter:innen des Finanzministeriums erstellt und jährlich evaluiert werden. Es sollen Referenzbudgets für verschiedene Haushaltstypen entwickelt werden (bspw. alleinlebende Person mit 0, 1, 2 Kindern; Paar mit 0, 1, 2, 3 Kindern).
Sachleistungen
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass wir Junge liberale NEOS die Verwendung von Sachleistungen anstelle von Geldleistungen in gewissen Bereichen für sinnvoll erachten, da sie „tendenziell nachhaltiger, treffsicherer, effizienter“ wirken.[4] Diese Sicherstellung des zielgerichteten Einsatzes von Steuergeldern ist ein hohes Gut, doch darf es nicht zu einer überbordenden Bevormundung des/der Bürger:in kommen. Grobe Eingriffe in die Entscheidungsfreiheit des/der Bürgergeldbezieher:in, wie beispielsweise Essensmarken, lehnen wir daher entschieden ab.
Ansprüche, die im Rahmen des Bürgergeldes als Sachleistungen abgegolten werden sollten, sind: Bildung (kostenfreie Aus- und Weiterbildungsplätze), Betreuungsplätze für Kinder und Angehörige, Mobilität (Zeitkarten für ÖPNV), Versicherungspflichten (Beiträge zu den obg. Versicherungen werden direkt vom Finanzamt bezahlt).
Anspruch, Anrechnung und Sanktionen
Anspruchsberechtigt sind grundsätzlich alle Bürger:innen, die ihren Lebensunterhalt nicht eigenständig finanzieren können. Um einen Arbeitsanreiz zu erhalten, wird das Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit nicht voll auf das Bürgergeld angerechnet. Damit das Erwerbseinkommen also nicht einfach das Bürgergeld ‚auffrisst‘, schlagen wir einen Freibetrag von 25% des Bruttoerwerbseinkommens vor.[5] Bei monatlich 800€ brutto wäre der Freibetrag 200€; der Betrag, der auf das Bürgergeld angerechnet werden würde, wäre 600€. Bei einem grundsätzlichen Bürgergeldanspruch von 800€ für eine alleinstehende Person, würden bei einem Erwerbseinkommen von 800€ also 200€ an Bürgergeld geleistet werden. Somit stünden 1000€ an verfügbaren Einkommen mit Job zur Verfügung im Vergleich zu 800€ ohne Job.[6]
Zusätzlich zum Arbeitsanreiz durch Freibeträge, werden erwerbsfähige Bezieher des Bürgergeldes durch Sanktionsmechanismen bei Nicht-Akzeptieren einer zumutbaren Arbeit in einer Erwerbstätigkeit gehalten.[7] Ein direkter Datenaustausch zwischen Arbeitsmarktservice und Finanzamt soll dies erleichtern. Die Sanktionen gestalten sich als Kürzungen und Streichungen von Geld- bzw. Sachleistungen, und der Umwandlung von Geld- in Sachleistungen.
Ein Sozialsystem für die nächste Generation
Mit dem Liberalen Bürgergeld schaffen wir ein Sozialsystem, das auf Grund seiner Übersichtlichkeit, seiner Effizienz, seiner Gerechtigkeit und seiner Treffsicherheit für viele Generationen Bestand hat. Diese radikale Reform senkt die viel zu hohe Steuer- und Abgabenquote, da erstens die Verwaltung extrem vereinfacht wird, zweitens Transparenz geschaffen und damit Doppelgleisigkeiten abgeschafft werden, und drittens nur noch den wirklich bedürftigen Menschen steuerfinanzierte Maßnahmen zugutekommen. Absurd hohe verpflichtende Sozialversicherungsbeiträge auf Dienstgeber- wie -nehmerseite gehören der Vergangenheit an, somit wird auch die Wirtschaft neu belebt und neue Arbeitsplätze werden geschaffen. Es ist höchste Zeit, diese Reformen anzugehen!
[1] Rechnungshof Österreich | 25.06.2014 | Bedarfsorientierte Mindestsicherung
[2] OECD | 07.10.2003 | Low Fertility Rates in OECD Countries: Facts and Policy Responses
[3] Private Krankenversicherungen – Eine längst überfällige Reform, beschlossen durch den VIII. Bundeskongress in Innsbruck
[4] Magistratsabteilung 24 | Wirkungsweisen und Effekte von Geldleistungen und Sachleistungen im Sozialbereich
[5] Die Zusammenhänge zwischen Freibeträgen und Arbeitsanreiz sind komplex. Im Rahmen der Erstellung der Referenzbudgets soll ein Prozentsatz ermittelt werden, der die ideale Balance zwischen Arbeitsanreiz und Systemkosten findet. Diese Freibeträge bestehen auch für Einkommen aus einer Pension.
[6] Freibetrag = 25% des Bruttoerwerbseinkommens. Anrechnungsbetrag = Nettoeinkommen minus Freibetrag. Ausbezahltes Bürgergeld = Anspruch minus Anrechnungsbetrag.
[7] Ausnahmen gelten für Personen mit Betreuungspflichten für Kinder oder Angehörige, sofern keine geeignete Betreuungseinrichtung vorhanden ist, und für Personen, die zielstrebig einer Ausbildung nachgehen (bspw. ein Studium absolvieren).